LiB & G

Fällungen: kein Ende in Sicht


Weiter Fällungen in Naturpark und Gemeindewald Purkersdorf – kein Ende in Sicht

Danke an alle, die unterschrieben haben.

Am Morgen des 2. April 2014 rasselte die Kettensäge noch einmal beim Wienerwaldhaus – angeblich um den Spielplatz und die Waldschule „zu sichern“ und Weg und Freifläche „auszulichten“. Ansonsten sind die Arbeiten jetzt wieder einmal zum Stillstand gekommen.

Unserer Aufforderung an die verantwortlichen Stadtpolitiker, die Fällungen einzustellen und einen Form der Walderhaltung zu wählen, die dem Gedanken eines Naturpark entspricht, haben sich eineR von 40 EinwohnerInnen unserer Wienerwaldstadt angeschlossen. Wir danken den UnterzeichnerInnen der Petition dafür, dass sie damit ein Zeichen gegen diese ökonomische Waldwirtschaft gesetzt haben und bereit waren Verantwortung zu übernehmen! (Eine Vergleichszahl dazu: für den Hypo-U-Ausschuss haben bundesweit eineR von 70 ÖsterreicherInnen unterschrieben).

Die „Petition gegen Schlägerungen im Gemeindewald“ können sie hier nachlesen: http://www.puon.at/petition/faellungen2014.php

Wir schließen diese Petition jetzt – Bürgermeister und Finanzstadtrat haben sich ja entschlossen, unserer Forderung nicht nachkommen zu wollen.

Die Antwort Dr. Orthofers (Finanzstadtrat und Naturparkobmann) lautete entsprechend: “Ich habe Ihre Petition bekommen und nehme sie sehr ernst.

Ihre Sorge um den Purkersdorfer Gemeindewald ist allerdings unbegründet. Die aktuellen Fällungsarbeiten am Steilhang oberhalb des Naturlehrpfades betreffen eine Fläche von nur 0,7 ha, das sind etwa 1% des Gemeindewalds. Es handelt sich um einen mehr als 160 Jahre alte bruchgefährdeten Buchenbestand, der – um den Boden möglichst zu schonen – ohne große Maschinen und mit erheblichem Aufwand über eine Seilkonstruktion geräumt wurde. Der steile und rutschgefährdete Hang wird so wie auch in bisherigen Verjüngungsflächen mit einem vitalen und gut durchmischten Jungbestand aufgeforstet, so wie es im Lauf der letzten 10 Jahre schon bei zwei anderen Abschnitten des Steilhangs gemacht worden ist.

Natürlich schaut die jetzt geräumte Fläche anders aus als das Bild, das sich manche BürgerInnen von einem "alten schönen  Wald" machen. Aber genau deshalb sind diese Forstarbeiten notwendig, damit dieser Teil des Waldes für unsere Enkel und Urenkel wieder so einem märchenhaften Wald-Bild gerecht werden kann. Die Alternative wäre gewesen, abzuwarten, bis die Bäume in den nächsten Jahren von selber absterben und umfallen und die Wanderwege samt Lehrpfad durch diesen Teil des Naturparks zu sperren.

Die Arbeiten werden so durchgeführt, wie sie den Grundsätzen einer nachhaltigen und naturschutzgerechten Waldwirtschaft entsprechen. Die Stadtgemeinde hat großes Interesse, dass der Wald langfristig als Naturpark attraktiv bleibt. Gerade ein Naturpark-Wald muss gepflegt und ständig verjüngt werden, weil er in erster Linie als Naherholungsgebiet für die BürgerInnen dient.

 

Unwidersprochen wollen wir das nicht stehen lassen:

* Neben inhaltlichen Argumenten gegen diese Art der “wirtschaftlichen Waldnutzung” im Naherholungsgebiet, gab es von unserer Seite auch technische Bedenken gegen die Flächenrodung am Steilhang über dem Wanderweg. Im Anschluss an den aktuellen Ort der Fällungen, ist es vor fünf Jahren zu einem Hangrutsch gekommen, trotzdem der Hang mit Bäumen bewachsen war. Die flächendeckende Abholzung am Steilhang erhöhen das Risiko weiterer Rutschungen samt Folgeproblemen beträchtlich. Die Rutschung an der Grenze zu Untertullnerbach, bei der die AnrainerInnen berechtigte Angst vor Aufstau und Überschwemmung haben ist übrigens noch immer nicht saniert.

 


Egal welchen Baumstammhaufen man in den letzten Wochen fotografierte: überaltetes, kaputtes Holz muss mach suchen – Baumstämme mit ansehnlichem Durchmesser allerdings auch.

 

* Es mag sich jetzt nur um eine relativ kleine Fläche gehandelt haben, aber in Summe geht es um den gesamten Gemeindewald und wie mit ihm umgegangen wird. Wenn man aus dem Fenster sieht, sieht man vielerorts auf kahle Hänge, die sich in ihrer Dimension Jahr für Jahr ausbreiten und sich zu einem völlig unwürdigen Anblick in einem Naturpark summieren!

A propos Generationenwald: Hier wird ein seit Generationen gewachsener, alter Wald mit sehr schönem Baumbestand und hohem Erholungswert auf einen Schlag vernichtet. Diese Fällungen erfolgen, ohne dass auf die Schönheit der betroffenen Stadt-Landschaften Rücksicht genommen wird. Zurück bleibt eine zerstörte Fläche, ein seiner Identität beraubter Ort, dessen Rückkehr zu einem echten Wald unsere Kinder und auch unsere Enkelkinder nicht mehr erleben werden. Es mögen einzelne Bäume Äste verloren haben, wie es in jedem älteren Wald vorkommt, jedoch das als Argument für eine Totalschlägerung herzunehmen, ist zu kurz gegriffen. Wer in Gebieten wie zum Beispiel der Lobau unterwegs war, weiß, Märchenwälder entstehen anders als durch flächendeckenden Kahlschlag. Die brauchen einen durchmischten ansehlichen Wald, ein Nebeneinander von Jung und Alt. Von erschlagenen SpaziergängerInnen ist uns aus sochen Gebieten nichts bekannt.

Die Natur muss vor Profitdenken geschützt werden

Uns zwingt sich der Eindruck auf, dass Baumfällungen auf Grund rein ökonomischer Überlegungen stattfinden. Andererseits könnte man auch nur einzelne Bäume fällen und den Wald nach und nach verjüngen. Dabei sind die für die Gemeinde erzielten Gewinne, laut Aussage des Finanzstadtrates eher unerheblich.
Wir bleiben also bei unserer Forderung, die Art und Weise, wie mit dem Gemeindewald umgegangen wird, zu überarbeiten und die Flächenfällungen einzustellen.

Das Unwesen großräumiger Fällungen ist ja kein Purkersdorfer Phänomen alleine. Es handelt sich um eine Seuche, die weite Teile Österreichs heimsucht. So hat denn auch der Verband der Land- und Forstbetriebe bei der Präsentation der Zahlen für die Holzernte 2012 vom „höchsten Durchforstungsanteil aller Zeiten“ gesprochen (Wirtschaftsblatt, 20.3.2014). Eine Jubelmeldung die von den Umweltanwälten im Zusammenhang mit der österreichischen Energiestrategie 2020, wie folgt kritisiert wird: „dass der Mehrbedarf an Holz aus schwer zugänglichen Schutzwäldern, Schutzgebieten und im kleinbäuerlichen Grundbesitz gedeckt werden müsste.“ Bereits jetzt würden aber große Forstbetriebe und die Bundesforste schon mehr Holz „ernten“, als nachwächst. Das nachhaltige Wirtschaften in diesem Bereich ist nur dem Umstand gedankt, dass die kleinen WaldbesitzerInnen, entsprechend wenig fällen. Letztere besitzen die Hälfte des Waldes in Österreich. Laut Waldinventur 2007/2009 würden jährlich 26 Millionen Festmeter Holz „genutzt“, bei einem jährlichen Zuwachs von 31 Millionen. Aktuelle Zahlen aus den vergangenen Jahren – und in diese fallen ja die vermehrten Schlägerungen allerorts – gibt es nicht.

Uns bleibt es ein Anliegen, unseren Nachkommen ein lebenswertes Ökosystem eben auch mit großen, schönen, alten Bäumen zu hinterlassen. Es stehen Werte auf dem Spiel, die in Jahrhunderten gewachsen sind und Gefahr laufen, innerhalb kürzester Zeit unwiederbringlich verloren zu gehen. Daher werden wir dran bleiben und immer wieder aufzeigen, dass es alternative Möglichkeiten gäbe, mit der Natur, die uns umgibt umzugehen. Auch im überschaubaren Bereich der eigenen Gemeinde.

Daher fordern wir für Purkersdorf:

  • Das sofortige Aussetzen des bisherigen Bewirtschaftungsplanes.
  • Die dem Ortsgebiet ("Wienerwaldstadt") zugewandten Hänge, sowie die unmittelbare Umgebung von Naturpark, Naturlehrpfaden und sonstigen touristischen Zonen sollen von einer Bewirtschaftung nach ökonomischen Kriterien ausgenommen werden. Es soll geprüft werden, ob sie wie Biosphärenpark-Kernzonen behandelt werden können.
  • Die Bewirtschaftung der übrigen Teile des Gemeindewaldes soll in den zuständigen Gemeinde-Gremien (Umweltausschuss) beraten und beschlossen werden.

 

Christiane Maringer

Umweltstadträtin Liste Baum & Grüne, maringer@reizwort.at


Ein Stück intakter Natur – die Lobau mit einer Million Besuchern jährlich eins der wichtigsten Naherholungsgebieten Wiens. Hier wachsen alte und junge, gesunde und absterbenden Bäume bunt geschmischt nebeneinander. Auch direkt an den Wanderwegen. Der Weg ist wieder frei, der umgefallene Baum ist in seiner Mitte gekappt worden.


Ganz anders in Purkersdorf, wo eine Fläche nach der anderen komplett geschlägert wird. Zum Beispiel hier: Zum Ende der Arbeiten präsentiert sich vis à vis des Wienerwaldbades ein leerer Hang.


Abtransport. Über Seilbahn direkt auf die Waggons in die Papierfabrik Lenzing

Trotz vielfacher Proteste wurden die Arbeiten nicht eingestellt. Eine erste Antwort auf unsere Forderung gab es vom Finanzstadtrat via Medien: „Orthofer reagiert wütend auf ihre (Anm. Maringers) Kritik: "Jeder Purkersdorfer weiß, dass es ein Witz ist, dass wir bald ohne Wald sein könnten. Ich finde es eine Sauerei, dass sich die Frau Stadträtin über etwas von dem sie eigentlich nichts versteht so aufregt. Wir mussten schon zwei Mal ein Stück Wald, was Purkersdorf zu gewandt ist, fällen. Jedes Mal gab es ein großes Aufsehen, weil das alle Leute sehen. Aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen.“ (Nachzulesen hier: http://www.meinbezirk.at/purkersdorf/politik/gruene-fuerchten-um-purkersdorfs-wald-d876390.html)

Eine recht aufschlussreiche Position hat unser Finanzstadtrat da eingenommen, finde ich: "Wütend" nämlich und „auf Bürgerreaktionen könne man keine Rücksicht nehmen“. Interessant ist diese Aussage nicht nur betreffend der Fällungen, sondern auch in Sachen Demokratieverständnis. Ersten hat man sowieso nicht anderer Meinung zu sein – denn dann versteht man offensichtlich nichts von der Sache – und wenn dann kann zweitens darauf leider nicht eingegangen werden ...

Ein schönes Zitat aus der Zuschrift einer Bewohnerin unserer Wienerwaldstadt, den Stadtpolitikern ins Stammbuch geschrieben: „Wenn die Gemeinde schon mit dem Naturpark wirbt und EU Gelder lukriert, sollten die PolitikerInnen auch entsprechend mit dem Naturerbe umgehen. Wozu brauchen wir Tafeln für Blinde, wenn die Sehenden blind sind? Öffnen Sie Ihre Augen und vor allem Ihr Herz!“

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Letzte Änderung: 2014-04-04

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