Der italienische Filmemacher, Schriftsteller und Journalist Pier Paolo Pasolini wäre am 5. März 2012 90 Jahre alt geworden.
Geboren ist der radikale Kritiker der italienischen Gesellschaft am 5. März 1922 in Bologna. Als der zweite Weltkrieg ausbricht, begibt sich Pasolini ins Friaul, wo er als Lehrer arbeitet. Unmittelbar nach dem Ende des Krieges tritt er der kommunistischen Partei Italiens bei. In den 50er Jahren wird er wegen seiner öffentlich bekannten Homosexualität aus der Partei ausgeschlossen, der er in seinen Arbeiten jedoch stets verbunden bleibt, und zieht nach Rom.
Dort beginnt er sein literarisches und journalistisches Schaffen, wobei er die Inspiration dazu aus dem Milieu der italienischen Vorstädte (borgate) bezieht. Sein Romandebüt „Ragazzi di Vita“ aus dem Jahr 1955 ist dann auch in diesem Milieu angesiedelt. Pasolini befleißigt sich dabei einer radikalen Sprache, die eindrucksvoll die in den Vorstädten bestehenden kulturellen und sozialen Traditionen und Wertvorstellungen widerspiegelt. Sein engagiertes Interesse am Aufzeigen sozialer und kultureller Verwerfungen in der italienischen Gesellschaft bringt ihm wenig Anerkennung, vielmehr scharfe Kritik aus Politik und kirchlichen Kreisen; er muss sich in Folge mehrer Gerichtsverfahren unterziehen, die ihn an den Rand der Existenz bringen. Eine Variation der sozialkritischen bzw. literarischen Analysen jugendlicher Lebenswelten in den römischen Vorstädten legt Pasolini dann mit seinem Roman „Una vita violenta „(1959) vor. Mittlerweile verschafft ihm seine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit, die auch kontinuierliche Kolumnen für linksgerichtete Zeitungen umfasst, eine schrittweise Besserung seiner finanziellen und materiellen Lage.
Ab den 1960er Jahren entdeckt Pasolini mehr und mehr den Film als Medium für seine poetisch-dichterischen und sozialkritischen Zielsetzungen. Mit „Accatone - Wer nie sein Brot mit Tränen aß“(1961) und „Mamma Romana“ liefert Pasolini eine bedeutsame filmische Umsetzung seiner Vorstadtstudien, die ihm zum Teil internationales Lob seitens der Filmkritik einbringt. In seinen Filmen setzt er sich besonders mit den Missständen der italienischen Gesellschaft, mit ihren faschistoiden Strukturen und destruktiven Mechanismen auseinander. Seine Charaktere sind häufig sozial ausgegrenzt und rebellisch. Durch die Sujets, die technische Ausführung und den Einsatz von Laiendarstellern aus dem dargestellten Original-Milieu gelten seine Filme als maßgeblicher Beitrag zum italienischen Neorealismus.
Am 1. November 1975 gibt Pasolini sein letztes Interview, dessen Titel lautet: „Wir alle sind in Gefahr“. Er sagt, dass allenthalben der Wunsch zu töten herrsche: „Und dieser Wunsch verbindet uns wie unselige Brüder eines unseligen Scheiterns eines gesamten sozialen Systems“.
In der Nacht vom 1.auf den 2. November 1975 wird er, nur 53 Jahre alt, Opfer eines brutalen Mordes. Der junge „Vorstädter“, der als Pasolinis Mörder verurteilt wird, zieht 2005 sein Geständnis zurück; er gibt an, dass in den Mord mehrere Täter involviert seien. Bis zum heutigen Tag ist dieser Mord nicht aufgeklärt.
Die Stadtbibliothek Purkersdorf wird sich bemühen, in der cineastischen Reihe "Purkersdorfer Bücherkino" einen Film von Pier Paolo Pasolini zu zeigen. (mb)