Purkersdorf Forum Archiv 2002
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Karl Berger ® sagt am 05.07.2002 01:10 zu Gabriele Scholz ?:Erster Beitrag

Re: Schulnoten-Meinungsbild


liebe gabi,
ich habe nix gegen wissensanhäufungen. Aber ich halte es für eine illusion, wenn man glaubt, die wissensvermittlung fände hauptsächlich im unterricht statt. im gegenteil, der unterricht, dem man seine herkunft von der theresianischen militärakademie noch immer deutlich anmerkt, verleidet den menschen das lernen eher.
es ist offenbar ziel des schulsystems, das 6 jährige kinder mit relativ gleichen chancen reingehen und wenn sie rauskommen sind sie sortiert in jugendlichen mit mehr chance oder sehr viel weniger chancen. die wissensvermittlung ist der vorwand, die schulspezifischen abläufe und regeln das werkzeug zu dieser differenzierung. mit 10 jahren erfolgt der erste große schnitt, da wird nach der relativ egalitären volksschule verteilt, und das ist oft schon eine vorentscheidung fürs ganze leben. wenn ich recht informiert bin erfolgt diese differenzierung in diesem frühen alter in europa nur in österreich, in deutschland und in der türkei. din den anderen ländern läßt man sich mit gutem grund dafür mehr zeit.
noch ein beispiel, wie weit der notenfetischismus bei uns schon gediehen ist: ein bub sucht nach der pflichtschule eine lehre als konditor. er findet einen meister der bereit ist ihn aufzunehmen. als er das zeugnis des buben sieht, bedauert er: mit diesen zeugnis kann er ihm nicht ausbilden. der bub hat gute noten, aber er hat einen vierer: in politischer bildung!
und ein anderes beispiel, wie sehr man sich auf die urteilsfähigkeit von lehrern verlassen kann. in einem dorf in tirol kommt der lehrkörper zur auffassung, dass der bub g. für die volksschule ungeeignet ist, ein fall für die sonderschule. in dem engen klima eines tiroler bergdorfes ist damit die mögliche karriere zum »dorftrottel« vorhersehbar. die eltern mussten aus beruflichen gründen nach wien übersiedeln. hier schätzten lehrer den buben anders ein. er ist inzwischen erwachsen und betreibt nach seinem studium eine erfolgreiche steuerberatungskanzlei.
ich werde zu diesem thema nichts mehr schreiben, aber wer an dieser diskussion interessiert ist: unter http://schuelerinnenforum.t0.or.at/webpage/schulabsch.htm finden sich fast alle denkbaren für- und widers zum thema schulnoten.
liebe grüße karl
ps.: liebe dora f., ich habe eh einen anständigen beruf gelernt, und darf als grafiker mithelfen, das vertrottelungsimperium der fellner-brüder in schwung zu halten. das macht mich allerdings depressiv.

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