Purkersdorf Forum Archiv 2002
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Gabriele Scholz ? sagt am 02.07.2002 10:39 zu Karl Berger ®:Erster Beitrag

Re: Schulnoten-Meinungsbild


Lieber Karl!
Es stimmt, daß viele der Eigenschaften, die Du genannt hast, im Berufsleben fehlen: Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, soziales Gspür, Selbstbewußtsein etc. Mir sind insbesondere Problemlösungskompetenz und selbständiges Arbeiten wichtig, da dies die Eigenschaften sind, die ich bei den meisten Menschen vermisse.
Ich finde aber nicht, daß die Alternativschulen generell den heutigen Anforderungen gerecht werden - bestenfalls einem kleinen Teil. Bezahlt wird die Leistung - nicht die sozialen Fähigkeiten. Ich rede jetzt von der Mehrzahl der Jobs (die auch entsprechend geisttötend sind) - Angestellte im Handel, Bürojobs aller Art bis hin zum Management - da zählen die Zeugnisse und da muß man gelernt haben, sich durchzusetzen und die Leistung (auch mit zusammengebissenen Zähnen) zu erbringen. Ich stimme Genesis da zu - die von Dir aufgezählten Fähigkeiten sollte man im Elternhaus lernen und nicht in der Schule. Die Schule kann und soll nicht bieten, was in der Familie verabsäumt wurde.
Alternativschulen ohne Noten und mit individuellem Zugang zum Lernen sind sicher gut für besondere Begabungen, insbesondere auf künstlerischem Gebiet. Es ist ein Vergnügen, Wissen zu erwerben - aber nicht jeden interessiert alles. Manche Wissensgebiete müssen mit Druck vermittelt werden, damit die Ausbildung nicht zu einseitig ist. Und am Anfang ist fast jedes Gebiet trocken, da man eine Basis an mühsam erlernten Fakten benötigt, die dann erst im fortgeschrittenen Stadium eine Struktur bekommen. Auch Anstrengung soll benotet werden, wie lernt man sonst, die innere Faulheit zu überwinden? Gerade in unserer konsumorientierten Gesellschaft fällt mir unangenehm auf, daß das "Heute-Leben" und "Spaß haben um jeden Preis" eine viel zu große Rolle spielen.
Die heutigen Regelschulen vermitteln schon lange nicht mehr nur "Brav- Sein" und "Detailwissen" - da gibt es (für mich schon eher zu viele) Projekte, Erlebnistage, fachübergreifende Arbeiten, die den grauen Schulalltag unterbrechen. Überfordern wir die Kinder nicht, wenn wir sie ständig selbst entscheiden lassen? Fehlen ihnen nicht unsere Vorgaben und Werte? Wenn ein Kind schon nicht entscheiden kann, was es essen möchte, soll es dann entscheiden, was es lernen möchte (ohne die anderen Gebiete zu kennen)?
Schulnoten entmutigen, wenn sie ungerecht sind. Wenn das Kind richtig gelernt hat, dann kann es die Mehrzahl der Aufgaben normalerweise lösen. Zum Richtig-lernen gehört Kontrolle, die anfangs daheim durchgeführt werden muß und dann erst dem Kind in die alleinige Verantwortung übergeben wird. Oft werden von den Kindern und den Eltern Gründe vorgeschoben, die zu schlechten Noten geführt haben. Meist ist es Desinteresse und mangelnde Kontrolle bzw. Förderung daheim.
Ich freue mich schon auf Deine Antwort! Gabi

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