Re: wienerwaldhochleistungsstrecke
Es sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein, dass die Neubaustrecke durch das Tullnerfeld nur mit einer fahrzeugseitigen Ausrüstung für das dort installierte europäische Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) befahren werden darf. Was den Personenfernverkehr betrifft, sind leider noch nicht alle ICE auf das neue System umgerüstet, hier ist die DB säumig. Fallweise kommt es auch zu Softwareproblemen bei schon mit ETCS ausgerüsteten Fahrzeugen, was auch Umleitung über die Bestandsstrecke bedeutet. Selbstverständlich sind beide Betreiber im Personenverkehr (ÖBB-PV AG und WESTbahn) daran interessiert, ETCS-taugliche Fahrzeuge im Fernverkehr einzusetzen, um die versprochenen attraktiven Fahrzeiten auch halten zu können.
Im Güterverkehr sieht die Sache etwas anders aus: die ETCS-Ausrüstung der Lokomotiven ist kostspielig und es gibt derzeit nachfragebedingt lange Lieferfristen, so man nicht rechtzeitig bestellt hat. Nicht alle privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen haben darüber hinaus ein dringendes Interesse daran, Geld in ein neues Zugsicherungssystem zu investieren, wenn man die wenigen damit verpflichtend zu befahrenden Strecken auch umfahren kann. Und sektorale Fahrverbote wie im Straßenverkehr, um Lenkungseffekte zu erzielen, gibt es auf der Schiene nicht.
Die werte Purkersdorfer Bevölkerung wird sich daran gewöhnen müssen, dass die Bestandsstrecke nicht nur für den von ihr gewünschten (wahrscheinlich 5-Minuten-)Takt ausschließlich im Nahverkehr befahren wird, sondern auch noch auf längere Sicht - vor allem tagsüber - Güterzüge und im Störungsfall auch Fernverkehrszüge durch den Wienerwald verkehren werden. Während des Tages würde ein Mischbetrieb zwischen Güterzügen und mit bis zu 230 km/h verkehrenden Schnellzügen die Kapazität der neuen Strecke massiv einschränken. Es kann ja auch nicht Sinn eines Milliarden teuren Streckenneubaus für Geschwindigkeiten bis 250 km/h sein, dort dann vorzugsweise Güterzüge mit 100 km/h fahren zu lassen, damit die Purkersdorfer rund um die Uhr nur den Wienerwald rauschen hören. Wer das geglaubt hat, war wohl etwas zu naiv.
Von der "viergleisigen Westbahn" verlaufen nun einmal zwei Gleise weiterhin durch den Wienerwald und das hoffentlich noch lange. Seien wir froh, dass sie auch effizient genutzt und damit auch in Zukunft ordentlich in Schuss gehalten werden.