4 Mal war ich schon in Südamerika – durch Brasilien, Argentinien, Chile, Bolivien, Ecuador, Peru und Kolumbien gereist - viele meiner Bekannten waren auch schon dort unterwegs – aber von den Zwergstaaten (in der Relation zur staatlichen Umgebung) Uruguay und Paraguay habe ich noch nie jemanden sprechen gehört.
Es war dieser Gedanke in meinem Kopf, wohin ich noch reisen sollte, wenn ich noch eine Fernreise antreten würde.
2024 war ich im Frühling am Balkan unterwegs und eine mitreisende Dame fragte nach meinen weiteren Reisezielen – Urguguay! sagte ich eher leise und zweifelnd. Sie entgegnete mit Enthusiasmus: ja, dorthin muss man reisen, sie sei schon dort gewesen, das ist ganz einfach, mit Bussen kann man sich im Land fortbewegen, sehr sicher - und so fort
Der Zündfunke war da.
Für den
Sommer 2024 war eine Reise damals schon gebucht, also kam das kommende Jahr in
Frage – jedoch die Jahreszeit war noch eine Überlegung wert.
Wenn ich nach Südamerika fliegen sollte, wollte ich auch noch 4-5 Tage im Pantanal
in Brasilien anhängen sowie eine Stippvisite nach Buenos Aires, das nur 2 Stunden von
Montevideo aus über den Rio de la Plata entfernt liegt.
Ich nahm 2025 mit der nach Uruguay gereisten Dame Kontakt auf, sie meinte, naja, im Winter seien viele Attraktionen und Hotels geschlossen, das Wetter könnte herausfordernd sein…
Fast hätten mein Partner und ich die Reise auf die heiße Zeit im Dezember verschoben – auch wegen der vermeintlich eingeschränkten Tageshelligkeit.
Nur die Zeit von 8-17 h stünde uns dann für Erkundungen zur Verfügung…
Es ergab sich im Juni 2025, dass ich beschloss, eine richtige „Urlaubsreise“ in Uruguay ohne Stress mit viel Zeitkontingent daraus zu machen. Ich buchte die Flüge nach Montevideo direkt und retour; auch das Gesundheitszertifikat, welches Europäer*innen für die Einreise nach Argentinien neuerdings benötigen würden, schlug ich aus zu besorgen. Der Transport im Land durch Busse schien mir entspannt, nur im Notfall würden wir uns ein Auto leihen.
Ich buchte vorab lediglich das Hotel Palacio im alten Stadtkern Montevideos im Art Deco-Stil sowie einen Aufenthalt auf einer Estancia (Hacienda) in der Nähe des Städtchens Florida.
Als Unterlagen dienten mir ein Reiseführer der Bibliothek sowie das Internet.
Und was erwartete uns!
Eine problemlose Einreise ohne Visum, nach Umstieg in Frankfurt und Sao Paulo; eine Absenz unseres aufgegeben Reisegepäcks und grauer Himmel mit Regen bei 10° C.
Im Linienbus
ins Zentrum Montevideos hätten wir die Koffer ohnedies nicht unterbringen
können ;-).
Eine Stunde lang waren wir unterwegs, wurden persönlich vom Buschauffeur in der
Nähe unseres Hotels rausgelassen, bekamen vorgewärmte Zimmer mit kleiner
Frühstücksoption (Bizcochos con Cafe) im Gemeinschaftsraum mit Küche.
„Wir haben auch eine Mikrowelle, das Essen ist teuer hier in Uruguay“ teilte
uns eine sehr beflissene Rezeptionistin mit.
Aus den reservierten 2 Nächten wurden bald 4, aus dem Regen am Ankunftstag 4 Tage Sonnenschein bei 12° C. Herrlich!
Wir ließen uns treiben, gelangten bald zum bemerkenswerten Palacio Salvo, besuchten dort auch das Tangomuseum und dann am Samstag Nachmittag auf der Ava. 18 de Julio eine Milonga, von der ich schon in Europa gehört hatte – mittels der von einem Strommasten abgezapften Elektrizität wurden über eine Soundmachine Tangos und Walzer gespielt und dazu am breiten Gehsteig getanzt. Mit und ohne Tanzschuhen, mit Kleid oder mit Rucksack am Rücken. Auch wir schwangen das Tanzbein.
Alles easy,
entspannt.
Als wir nochmals in den Palacio Brasil zur Nachmittagsjause gehen wollten
erwartete uns dort eine 7-köpfige Band welche Samba spielte!
Sofort gesellte ich mich zu den vielen tanzenden Brasilianer*innen und
Uruguayos.
Eine wunderbare Stimmung.
Sie gipfelte darin, dass ich aufgefordert wurde, in der Mitte der Tanzfläche
ein Solo hinzulegen! Wir blieben 2 Stunden.
Abends besuchten wir dann ein Konzert von 2 jungen Singer-Songwritern mit
E-Gitarren, welches wir durch Zufall, ganz in der Nähe unseres Hotels, gefunden
hatten. Unsere Rezeptionistin avisierte unser Kommen (da wir ohne Simkarte
nicht telefonieren konnten), eine lange Menschenschlange wartete schon entlang
der steilen Treppe zum Veranstaltungsraum im 1. Stock.
Am nächsten
Tag wanderten wir ein kurzes Stück auf der 22 km langen Rambla entlang des
Meeres oder doch des Flusses Rio de la Plata? Dessen ist man sich hier nicht
einig. Auf jeden Fall herrscht braunes Wasser in den Wellen vor.
Nach 1,5 Stunden Gehen zwischen Joggern, Rollerskatern, Kinderwägen und Bummler*innen
erinnerte ich mich des Sofitels, in welchem man laut unserem Reiseführer
„Lavendeltee“ am Nachmittag genießen sollte. Doch wie dorthin gelangen? Man
kann hier nicht einfach ein Taxi auf der Straße anhalten.
An einer Tankstelle bestellte man uns dann eines und der Tankwart setzte uns
persönlich nach 15 Minuten Wartens mit uns hinein!
Somit fanden wir uns beim 5 Uhr-Tee wieder im stylischen historischen Ambiente.
Auch die Chocolate Caliente (heiße Schokolade) war beim Warten auf einen
Tischplatz nicht zu verachten und wir rasteten uns nach dem langen Marsch fein
aus.
Heimgekommen
um 20 Uhr 30 fragte unsere Rezeptionistin, ob wir nicht doch nach Punta del Este,
dem mondänen Badeort, ohne dem hier nichts geht, fahren wollten? (ohne Auto
ziemlich langes Stück) – Es gibt doch eine Tagestour die man buchen kann!
Um 21 Uhr kam die Bestätigung unserer Plätze und so fanden wir uns am Sonntag inmitten
der üblichen 50-köpfigen Reisegruppe von Argentinier*innen und Brasilianer*innen
wieder und bestaunten neben den unerwarteten Wolkenkratzern die Seelöwen hinter
dem Fischmarkt.
Der Weg zur
Estancia Aguilablanca (Weißer Adler) bedurfte einer Taxifahrt zum Busterminal,
einer 3-stündigen Fahrt mit einem Doppeldecker-Bus mit W´lan um € 16,-- pro
Person und eines vom Farmbetreiber vorbestellten Taxis durch die Pampa.
Pünktlich zur Mittagessenszeit kamen wir an inmitten von menschenleerem Gelände,
wo uns schon die Hunde Chico, Juno und Corbata begrüßten.
Sowie die Stute Anastacia, welche ihr Ausgedinge grasrupfend um das Haus
genoss.
Ein Idyll.
Riesige Bäume, in einem davon das große Nest der 3 lautstarken Bandurians
(Andenibis). Rundherum die Weiden von Schafen, Pferden und Rindern. Auf der
anderen Seite der Staubstraße der kleine See mit Wasserschweinen (Carpinchos).
Am Nachmittag ein erster Ausritt mit Ernesto, dem Farmarbeiter, und den weich
gesattelten Pferden (Schafwollsitz!) durch die Graslandschaft. Gelb und braun,
die Hunde laufen mit. Unglaublich.
Um 16 Uhr 30 der 5-Uhr-Tee (Hinterlassenschaft der Engländer*innen, auch der
Farmer entpuppt sich als ein halber Engländer). Danach Eigenerkundung des Sees.
Pat, die Farmerin, bringt uns um 17 Uhr 30 mit Juno zum höchsten Punkt der
Straße, („Ich lasse das Licht am Haus an!“), dann durchs Tor des Weidezauns
hindurch hinuntergehen, nach links, dort müssten die Capybaras (Wasserschweine,
so der offizielle Name), sein.
Und sie erwarten uns schon! Sie kündigen uns durch lautstarkes „Husten“ an, da
sie nicht gestört werden wollen.
Dann erleben wir 20 min lang ein Streitkonzert zwischen ihnen und einem
Wasservogel auf einem Stein. Die Carpinchos beobachten uns trotz allem eindringlich
und verschwinden dann protestierend im Wasser.
Währenddessen wird die Umgebung in abendliche Farben getaucht. Hellblau,
hellbraun. Die Zeit vergeht, es wird langsam finster und wir müssen noch allein
den Rückweg zur Farm schaffen.
Wir haben den See halb umrundet, als ich meine, meinen Namen zu hören:
„…sanne!“. Pat sucht uns also schon! Das Licht unserer Handys bewahrt uns vor
Schritten ins Wasser. Wir finden den richtigen Weg.
Es ist schon so dunkel, dass wir sogar eine Wasserschweinfamilie einen Meter rechts
von uns entfernt passieren, ohne dass diese fliehen, da sie uns nicht
wahrnehmen.
Wenn man auf
einer Farm stationiert ist, gehört man zur Familie und diese fühlt sich auch
verantwortlich für einen!
Es erwartet uns ein 3-gängiges Menü, für die Fleischenthusiasten hier unter anderem ein
Berg von köstlichem Rindfleisch;
Für mich vegetarische Quiche, Pizza, Kürbissuppe…
In jedem Zimmer befindet sich ein offener Feuerplatz, welchen mein Partner
durchgehend betreut.
Dies ist jeweils die einzige Wärmequelle. In der Nacht erlischt das Feuer und
ich verstecke mich unter meinem Deckenberg.
In der Früh
zwischen 7 und 7 Uhr 30 wecken uns die Bandurians mit ihrem durchdringenden Geschrei.
Tagsüber kann man die unterschiedlichsten Vögel beobachten und bei Sonnenschein
in der Hängematte liegen und ihrem Gesang lauschen.
In der Nacht sind tausende Sterne und die Milchstraße zum Greifen nah.
Ich wollte
in diesem Paradies noch eine Nacht verlängern, was jedoch nicht möglich war und
schweren Herzens machen wir uns auf den Weg in den Norden, in „das Herz
Uruguays“, Tacuarembo.
Unsere Gastleute auf der Farm haben unser weiteres Quartier dort im Hotel
Internacional telefonisch gebucht. Unklar waren noch die Buszeiten um dorthin
zu kommen.
Es ist gut, mehrmals nachzufragen, es gibt oft unterschiedliche Überlegungen
(Südamerika!) und man muss die richtige auswählen um zur avisierten Zeit ans
gewünschte Ziel zu kommen.
Da wir zuerst das gebuchte Taxi, dann 3 verschiedene Busse nehmen müssten, komme ich auf das Angebot unserer Taxlerin zurück, uns in insgesamt nur einer Stunde an eine der Bus-Hauptrouten zu bringen, dort gemeinsam das richtige Ticket zu kaufen um dann direkt 3 Stunden lang nach Tacuarembo zu fahren. Diese Entscheidung zahlte sich aus!
Meine
Überlegung der Reiseroute hing von der Möglichkeit der Busroute, der Buszeiten
sowie der jeweiligen Sehenswürdigkeiten ab.
Lange habe ich vor, die Grutas del Palacio (Palastgrotten) de los Indios, zu
besuchen (in der Nähe von Mercedes) – als wir jedoch einigermaßen in deren Nähe
kommen, sind diese an dem Wochentag geschlossen.
Da Winter
ist, können wir die Bustickets immer direkt eine Stunde vor Abfahrt kaufen, mit
fixem Sitzplatz und gekennzeichnetem Gepäck im Gepäcksraum.
Weiters sind auch genügend Hotelzimmer entweder über booking.com oder unserem
Reiseführer verfügbar und kurzfristig zu buchen.
In
Tacuarembo steht der Nationalheld des Tangos, Carlos Gardel, an vorderster
Stelle. Hier ist er geboren! Wir wollen das 25 km entfernte Museum gerne
besuchen.
Beim Abendessen bei unserer Ankunft sehe ich eine Familie, welche auch
Durchreisende zu sein scheinen, bei Tisch.
Am nächsten Tag beim Frühstück sehe ich sie wieder.
Ich spreche sie an, sie kommen aus Porto Alegre, Brasilien. Was sie so vorhaben?
Sie würden zum Beispiel das Indio- und Gauchomuseum direkt in der Stadt und das Museum
von Carlos Gardel besuchen. Sie reisen mit Auto. Ich frage, wann sie fahren
würden? Heute, ja, am Vormittag. Ob sie uns mitnehmen würden? Ja, wieviele seid
ihr?
Und so machen wir den Ausflug netterweise gemeinsam. Ein Benzingeld lehnen sie
gleich am Anfang der Tour ab.
Den restlichen Tag spazieren wir durch die quadratisch angelegte Stadt, diese
ist nur einen Stock hoch. Die Straßennamen wiederholen sich in allen Städten: „Avenida
18 de Julio, Calle Artigas, …“.
Wir besuchen auch einen Friedhof und lesen die interessanten Vornamen. Auf
vielen Gräbern sind die Spitznamen der Verstorbenen vermerkt.
Am Abend hören wir in den Straßen Trommelklänge. Sofort nähern wir uns diesen.
Es ist Candombe, immaterielles Kulturerbe von Uruguay, organisiert in einem
Verein, welcher zweimal die Woche auf einer der Straßen probt. Mädchen und
Burschen tanzen zu den Rhythmen der Repique, Piano und Chico genannten Trommeln
eine Choreografie dazu. Wunderbar!
Wir werden gefragt woher wir kommen, wohin wir reisen – oh, nur Uruguay? Was
gibt es hier zu sehen?
In unseren drei Wochen Reisezeit hatten wir nur noch 2 Regentage an einem
Wochenende, welches wir in den Thermen von Salto verbrachten, an der Grenze zu
Argentinien.
In einem Hotelkomplex im Grünen, welcher uns von Paula, welche wir im Palacio
Brasil in Montevideo am Tisch kennenlernten, empfohlen wurde (übrigens: sie
würde in einem Monat nach Wien reisen!).
Ich möchte unbedingt wieder die wilde Natur spüren und so kommen uns
zwei Nächte in einer der dazugehörenden Holzhütten gerade recht. Mitten im
Eukalyptuswald am Ufer des Rio Uruguay wohnen wir.
Als wir uns dem Checkin im Haupthaus nähern, traue ich meinen Augen kaum: eine
Herde Wasserschweine grast am Rasen der Auffahrt!
Bei einem Spaziergang neben unserer Hütte in der Dämmerung begegnet uns diese
Herde auf der Wiese wieder sowie eine Ziegenherde und ein freilaufendes Pferd.
Die Luft ist
lau, kein Lüftchen regt sich, man möchte nicht schlafen gehen. Vor den
Nachbarhütten wird gegrillt (22 Uhr).
Mein Partner möchte am nächsten Tag im Thermalrestaurant ein auf der
Speisekarte gelistetes „Entrecot“ essen (Steak). Ich überlege kurz, ob ein
anderer Ort besser wäre, bis ich auf dem Weg zur Toilette auch hier den üblichen
Riesengrill entdecke. Sofort unterstütze ich Andis Ansinnen!
Als wir heimkommen, hat der Wind aufgefrischt, der Regen fällt und die
Ziegenherde mit dem schwarzen wachsamen Bock davor steht unter dem Vordach
unserer Hütte! Allein der Gestank verrät ihre Anwesenheit in der Dunkelheit ;-)
Das Wetter wird insgesamt immer wärmer. Bis 16° C in der Sonne sind möglich. Oft trage ich kurze Ärmel neben Uruguayos mit Daunenjacken. Viele Bäume tragen Blätter, viele Weiden sind grün.
Der Sommer hier wäre unerträglich (40° C).
Wundervolle Ferien!
Nationalkost
ist hier Fleisch und als Getränk: Mate.
Den ganzen Tag schleppen die Uruguayos ein Holzgestell mit Matebecher und
Thermoskanne mit sich herum.
In den Bussen ist dies ein eigenes Gepäckstück. Man kann mit Fug und Recht
sagen, es besteht eine gewisse Abhängigkeit – wenn die Uruguayos keinen Mate
mehr trinken, bekommen sie Kopfweh (wurde uns mehrfach versichert).
Weiter fahren wir nach Mercedes am Rio Negro, dann nach Carmelo im Weinbaugebiet und nach Colonia del Sacramento mit dem historischen, etwas touristischen (dem einzigen auf unserer Route!) Stadtkern.
Mein Partner
hat in Carmelo ein günstiges Haus mit 2 Schlafzimmern ausgesucht; wir erleben
so, wie man hier als Familie lebt – das Haus ist sehr schmal, sieht von außen
unschön aus, ist nicht beheizbar und zum Garten mit Swimmingpool (!) führt eine
Eisentür mit Luftspalt.
Die Nacht gestaltet sich demnach eisig kalt.
Aber am Tag
darauf in der Sonne spazieren wir durch die recht breit angelegten Gassen und
treffen auf die vielen Tierfreunde hier: viele Katzen und Hunde leben auf der
Straße, werden jedoch gefüttert und nicht bedrängt. Das ist wunderbar
anzusehen.
Wir lernen einen Pensionisten kennen, der 3 Katzen sein eigen nennt und
12 weitere verköstigt!
Allerdings stöhnen auch einige Leute über die Hunde – das Gebell bis in die
frühen Morgenstunden ist wirklich schwer auszuhalten.
Und einmal erleben wir einen Kampf zwischen zwei Straßenhunden direkt vor dem
Lokal in dem wir essen: Es ist fast nicht zu ertragen; der gebissene Hund jault
vor Schmerzen und der Angreifer lässt nicht los.
Sofort stürzen zwei Männer aus dem Restaurant und versuchen die Hunde zu
trennen; mit einem Sessel, mit Daraufsetzen, mit drei Sektkübeln voll kaltem
Wasser gehen sie zu Werke. Eine Tragödie. Erst nach drei Minuten lässt der
Angreifer los.
In Colonia
(del Sacramento) wohnen wir nur 5 Minuten vom Fährterminal nach Buenos Aires
entfernt. Dies hat Auswirkungen…
Buquebus (der Name einer Fährgesellschaft) wäre leicht zu buchen,
nur eine Stunde 10 Minuten Überfahrt nach Argentinien…
Vielleicht doch nach 34 Jahren wieder nach B.A. kommen? Unbeschreibliche,
wunderbare Traumstadt!
Wie diese riesige Stadt mit Avenidas mit 12 Spuren in einer Richtung bereisen
an einem Tag?
Hop on – Hop off-Busse sind die Lösung! Schon mal gemacht, die beste
Möglichkeit dafür.
… aber das Gesundheitszeugnis für Österreicher*innen? Ein Tag bliebe mir zum
Besorgen desselben…
Ich brauche die schriftliche Bestätigung meiner Versicherung. Ich schreibe diese
an, die Zeitverschiebung von 5 Stunden kommt mir zupass, sie antworten, einige
Daten werden noch benötigt und dann, siehe da, brauchen sie noch eine
schriftliche Bestätigung, „dass dies meine eigene Emailadresse ist“!
Wie tun, wenn man keinen Drucker hat??
Wieder ist die Rezeptionistin unseres Hotels Anlaufstelle. Sie meint, sie hat
kein Druckerpapier, ich solle ins nahegelegene Copyshop in 20 Minuten Entfernung
gehen, was mir zu mühsam ist… ich überlege, warte… spreche nochmals mit ihr, sage,
ich müsse eigenhändig unterschreiben.
Oh, wir brauchen auch noch einen Scanner, ich habe meiner Freundin schon
Bescheid gesagt, sie bringt einen in 20 Minuten!
Die Rezeptionistin findet ein altes Blatt, druckt das Email, ich unterschreibe
und schicke dann ein Foto davon per Email. 10 Minuten später habe ich mein
Versicherungszeugnis!
Und der Scanner kommt auch in dem Moment… Das ist diese unbeschreibliche
Hilfsbereitschaft der Uruguayos!
Unglaublich. Wir kaufen schnell Tickets für die Passage, am nächsten Tag
„einchecken“ wie am Flughafen, ausreisen, einreisen.
Eine Reisende
beim Frühstücksbuffet unseres Hotels erklärt mir aus freien Stücken wo ich die
Haltestelle des Sightseeing-Busses in Buenos Aires finden kann. Sie habe auf
ihrem Plan nachgeschaut.
Alles gebongt! Es soll wieder etwas regnen, was dann keine Rolle spielt.
Jippie!
Wir reisen
durch ein für uns Europäer*innen relativ unbekanntes Land, da es im Vergleich
zu den anderen Staaten in Südamerika übersehen wird. Nahezu keine Informationen
gelangen in unsere Medien.
Da verwundert es, dass es hier schon lange eine Demokratie gibt, wenig
Korruption, das Frauenwahlrecht seit 1932 eingeführt war. Die Frauen behalten
ihren Mädchennamen auch in der Ehe.
Es gibt eine Politik für Menschen mit Beeinträchtigungen – in der Beschreibung
des Landes lese ich unter Amtssprachen: „Spanisch, Uruguayische
Gebärdensprache“ und eine Politik für die Queer-Community.
Und das Wasser vom Wasserhahn ist trinkbar!
Spanisch zu
sprechen ist hier unabdingbar. Englisch ist teilweise bei den jüngeren
Einwohner*innen anzutreffen, sonst nur rudimentär.
Obwohl der Akzent hier drastisch ist, übrigens auch bei den Argentinier*innen:
„ll“ und „ayo“ wird jeweils „sch“ bzw. „ascho“ gesprochen. „Calle“ (Straße),
gesprochen „Kaje“ wird plötzlich zu „Kasche“. „Uruguayo“, gesprochen Uruguajo“
wird zu „Uruguascho“.
Wenn mein Partner und ich im Restaurant miteinander sprechen folgt meistens
dieselbe Geste der am Nachbartisch Sitzenden: ein ruckartiges Drehen des Kopfes
in unsere Richtung! Ich bin jedes Mal irritiert.
Bis ich im Laufe der Tage realisiere, dass die Uruguayos nur Spanisch und
Portugiesisch zu hören gewohnt sind! Einige haben in der Schule Deutsch gelernt,
was sie gerne zu einem Gespräch mit uns veranlasst).
Es ist ruhig im Land. Am 18. Juli, dem Tag der Verfassung, stehe ich nach der jährlichen
3 Stunden dauernden Parade nur einen Meter von Präsident Yamandú Orsi entfernt!
Es gibt weibliche Securities mit schusssicheren Westen, sie umringen das
Staatsoberhaupt, aber sonst nichts…
Eine fast unwirkliche Szenerie.
Die dreistündige Parade war ein wahres Schauspiel: aus jeder Provinz kommen mit
großen Bussen die jeweiligen Militärbataillons angereist; formieren sich und
einige satteln die bereitgestellten Pferde und reiten mit. Es gibt auch eine
Musikgruppe hoch zu Ross!
Der
Abschluss der Reise ist nochmals ein Aufenthalt auf einer Ranch, die ich nach
langem Suchen im Internet finden konnte: Wieder in der Nähe von Florida, El
Ceibo genannt (der Kapokbaum).
Sie wecken uns zwischen 7 Uhr und 7 Uhr 30: Die Bandurians!
Hier haben wir jedoch eine zusätzliche Geräuschkulisse: Hunderte von Loris!
Knallhellgrün ihr Gefieder. In hohen Bäumen sitzend oder umherfliegend
schnattern sie den ganzen Tag und bauen riesige Familiennester.
Die Farmer*innen bezeichnen sie als Plage, man dürfe sie aber nicht schießen…
Was soll man also tun?
Hier begrüßen uns die Hunde Borocha, Campero, Macarena und Olivia.
und außerdem gibt es hier Hunderte von Schafen mit besonders dickem Fell. Außerdem
sind viele von ihnen trächtig und unzählige Lämmchen, manche noch mit
Nabelschnur versehen, hüpfen über die Pampa.
Mein Partner reitet wieder kurz aus, ich laufe den Pferden und Hunden
hinterher. Wunderbar das Gelb und Braun der Weiden.
Als ich auf der Estancia herumspaziere sehe ich einen riesigen Zuber neben dem
Haus und schaue hinein. Joselo, der Farmer, fragt mich, ob wir da drinnen baden
wollen? Pablo, der Farmarbeiter aus Paraguay kommend, könnte ihn am nächsten
Tag für uns anheizen.
Ich kenne solch eine Annehmlichkeit in Form eines mit heißem Wasser gefüllten
Bottichs schon von Almhütten in Österreich und freue mich schon darauf!
Es dauert ungefähr 6 Stunden bis das im Bottich befindliche Metallöfchen
angeheizt ist und genug Wärme abgibt um das sehr kalte Wasser auf
Badewannentemperatur zu bringen. Wir steigen mit Badekleidung ein und erleben
wunderbare 2 Stunden an Naturschauspiel: den Wechsel von den Vogelstimmen zu
denen der Grillen sowie Wechsel des blauen Himmels in ein riesiges Spektrum von
Farben: Gelb, Orange, Rot, Dunkelblau… Lediglich das Abendessen kann uns aus
dieser Wonne reißen…
Als wir am dritten Morgen abreisen, sehe ich cirka 30 Schafe in einem extra
eingezäunten Bereich. Es ist dies der Natural-Anteil des Farmers an seinen Hofarbeiter
Pablo; am Nachmittag wird er alle Tiere schlachten, ausnehmen und in Kühltruhen
lagern. Das Fleisch wird dann 2-3 Monate für ihn reichen.
Die Lämmchen dürfen bis Weihnachten wachsen…
Uruguay ist
ein Land der Fleischesser. Obwohl relativ klein, wird auch hier exportiert.
Es gibt riesige Rinderfarmen mit Tausenden Stück Vieh entlang der Hauptstraßen.
Jegliche Familienzusammenkünfte werden mit einem Fleischberg in der Mitte des
Tisches gekrönt. Ohne ist nicht möglich. Ein Grill muss zu jeder Jahreszeit
bereitstehen in überdimensionierter Form.
Auf dem Weg zum Bus sehen wir immer wieder runde Lehmvogelnester mit einem versteckten Eingang: Es sind dies die Häuser der Horneros (Töpfervögel). Auf fast jedem Zaunpfahl und auch auf Lichtmasten sind sie zu finden.
Dies ist
unsere letzte Busreise, sie führt uns direkt zum Flughafen.
Von einem Land dem in vielerlei Hinsicht Aufmerksamkeit gebührt!
Susanne Wallner
Juli 2025