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La Gomera – Kanarische Inseln


Eine Naturliebhaberin gab mir den Tipp, auf dieser Insel zu wandern. Das war im Juli. Alsdann hatte ich eine Buchung für Ende Oktober in der Hand. Im Kopf eine Vulkaninsel, klein, nahe…
Die Flugzeiten wurden mehrmals geändert um schlussendlich in der Früh los zu gehen und am letzten Tag am Abend zu enden. Welch ein Glück! Denn, wie ich bei näherer Betrachtung (1 Tag vor der Reise) fest stellte, dauert die Anreise einen ganzen Tag und detto die Abreise auch…

Bei uns in Wien war es der 1. richtige Herbsttag mit Regen, Blätterfall und kühleren Temperaturen.
In Tenerife Sur stieg ich aus dem Flieger aus und wurde erschlagen von einer Feuchtigkeit und Hitze. Ein Ortsbus brachte mich um € 3,-- zum Fähranleger in Los Cristianos, wo um 14.30 h kein Schiff nach La Gomera fuhr, sondern, wie ich vom Hafenpolizisten (!) erfuhr, erst am Abend, Las Armas um 19 h, dauert 1 Stunde und noch etwas; Fred Olsen um 20.30 h, Dauer: 40 min. Alle Schalter waren geschlossen, nur aus dem Cafe im 1. Stock ertönte Musik.

Eine Dame kramte in ihren Sachen und so fragte ich um Informationen. Sie nehme Fred Olsen, ziehe sich eben um in diesem Klima, um dann an den Strand zu wandern. Wenigstens war ich nicht allein dem vorübergehenden Abriss des Reisens ausgeliefert.
Mitten im Wartesaal zogen wir uns Shorts an und beschlossen, die kommenden 3 Stunden gemeinsam zu verbringen. Dies deshalb, weil die nicht weit von mir in Wien wohnende Reisekollegin ebenfalls Wandern und Jodeln heuer in Österreich belegt hatte und mit „Weltweitwandern“ in La Gomera die kommende Woche unterwegs sein wollte. Ich stellte ihr Jodelkontakte in Wien in Aussicht.
Sie hatte ihr Gepäck im Kofferzug von Fred Olsen versperrt, mein Koffer kam in einen Kleinbus von Las Armas, wo sich nur die Schiebetür schließen ließ.

An der Strandpromenade erstand ich ein schmuckes Sommerkleidchen und dann gab´s um € 5,-- ein gutes Mittagsmenü.

In der Dunkelheit, nach 20 h, legte die Fähre in San Sebastian, „La Villa“ genannt, La Gomera, an. Meine Hoffnung, den Linienbus in die Berge zu ergattern, schwand dahin. Nur mehr Taxis seien möglich. Statt der in Teneriffa prophezeiten € 25,-- wurden es fast € 50,--, was mich demoralisierte. Aber der junge Taxler glich dies mit netter Konversation über das Staatssystem, die Unabhängigkeit der Gomeros und Hörhilfen (!) aus. Alles in Spanisch, selbstverständlich. Da hörte ich auch das Wort „Guagua“ (sprich: Wawa) für Autobus wieder, das ich vor 27 Jahren am Sprachkurs in Gran Canaria erworben hatte. Ich war daheim!

Telefonisch von Wien aus hatte ich ein Pensionszimmer in Valle Hermoso bestellt, € 15,-- ohne Frühstück, passt! Ich stieg aus dem Taxi an der Plaza Mayor und der Barbesitzer Manuel begrüßte mich: „!Hola, Susana!“ Wieder angekommen. La Gomera ist die ruhigste Insel der Kanaren, nicht so touristisch laut wie Gran Canaria oder Teneriffa. Einzig das Valle Gran Rey und natürlich die Hauptstadt

Mein Zimmer lag hinter einem Lichthof, Bad war extra. Der Sohn der Bar informierte mich, morgen, Sonntag, ist erst um 8 h Öffnung der Bar, unter der Woche um 6 h. Okay! – um mich dann doch um 7.30 h vor verschlossenen Rollläden ein zu finden, da auch hier eine Umstellung auf Winterzeit passierte. So traf ich auf Thomas aus Deutschland, der an einem der Silbertischchen gemütlich mit Tschick den Tag begrüßte. Er erteilte mir wichtige Informationen, legte Kontakte. Sehr praktisch! Leider fuhr er für die nächsten Tage ins Spital in die Hauptstadt. Er freute sich, nach langem wieder soviel Deutsch reden zu können! Am 1.11. würde er am Hauptplatz in eine eigene Wohnung um € 200,-- Monatsmiete einziehen können, € 200,-- blieben ihm dann zum Leben.
Zum Frühstück gab´s Schwarztee, der sich als Früchtetee entpuppte und Tostadas mit Miel de Palma (Palmenhonig). Laut Thomas sehr nahrhaft, er habe tagelang nur von diesem verdünnten Honigsaft getrunken, als er „schlecht zu essen“ hatte.

Ich besorgte mir Brot und Käse für unterwegs und war um 9.15 h startbereit, in die Berge, Richtung Los Loros. Es nieselte ein wenig! Soviel zum verhießenen Sommerwetter das ganze Jahr über…
Aber endlich, nach 9 Monaten, war der Regen gekommen! Bis Anfang Oktober gab es Glutnester in den abgebrannten Wäldern, hauptsächlich in Valle Gran Rey. Meine Tour dauerte 6 Stunden, ich schwitzte unentwegt. Ich begegnete, außer in den Dörfern, niemandem. Nur die Hofhunde schienen sich für mich zu interessieren. Als ich an einem Anwesen vorbeikam, hörte ich Hunde und Menschenstimmen, die Tore waren offen. Ich stieg weiter bergan, nahm eine Kurve links, stoppte kurz und hörte plötzlich ein Keuchen, hinter den Büschen verborgen. Ich sprach auf Spanisch, in deutlich höherer Tonlage als in Deutsch, „Na, Ihr Süßen, wie geht’s Euch? Kommt Ihr mit mir mit? Ihr seids ja ganz Schöne…!“ Woraufhin das Keuchen innehielt und eine Kehrtwende zu vernehmen war… Problem gelöst!

Dann passierte ich eine verlassene Werkstatt, trabte dahin, als am linken Straßenrand, aus einem eingerollten dunkelbraunen Bündel ein Brummen zu vernehmen war! Ich blieb stehen, flötete wieder in Spanisch, um dann langsam weiter zu gehen. Das Brummen blieb eingerollt.

Ich gelangte bis in die Nebelwälder, wo es „horizontalen Regen“ gibt; jedoch an diesem Sonntag auch vertikalen. Wilde Natur, teilweise verwachsene Wege, herrlich.

In der Pension angekommen, legte ich mich ein wenig nieder, um dann zu Abend zu essen. Es gab Thunfisch, kalt, mit Pommes, alles frisch. Dann ein wenig plaudern mit dem Wirt, es regnete zum Teil stark. Weiters wollte ich die Buszeiten in Erfahrung bringen. An der Haltestelle waren keine angeschlagen. Ich fragte die Herren, die auf den Stufen des Gemeindeamts saßen. Ja, der Plan hänge im Gemeindeamt. Um sich daraufhin langsam um zu drehen und fest zu stellen, dass dies ja heute geschlossen sei… Ich ließ mein Ziel nicht aus den Augen und so zog dann einer der Gomeros einen handgeschriebenen Zettel mit den Abfahrtszeiten heraus! Um 20 h schlief ich schon.

Das Wetter sollte am nächsten Tag brillant werden!
Als ich erwachte, wars noch dunkel, 6.30 h. Ich nahm den Bus um 7.30 h nach Las Rosas, wo sich ein Besucherzentrum befindet. Unsere Bar war nicht offen, den Frühdienst hatte die daneben liegende übernommen. Auch dort die blinkenden, quiekenden Spiel-Automaten, die das männliche Geschlecht schon im Morgengrauen aus den Häusern lockten. Dort erhielt ich schwarzen Tee und Marmelade-Tostadas! Perfekt. Mein Blick vom Tisch aus durch das geöffnete Fenster erreichte die sich lichtenden Bergketten. Wunderschön! Ich erinnerte Manuel noch an Luis, der El Silbo, die Gomerische Pfeifsprache beherrschte. Ja, er sei noch nicht vorbei gekommen, er werde ihn anrufen.

Um 8.45 h war ich am Visitorcenter in Las Rosas, es öffnete um 9.30 h. hier gäbe es einen Film über El Silbo. Ich beschloss dennoch, gleich vom sonnigen Anblick des Teide geschmeichelt, in den Nationalpark El Garajonay zu wandern, wo ich feststellte, dass das Durchqueren dieses durchaus möglich war! Ich wanderte unter den endemischen Lorbeer- und Wacholderwäldern ganz allein. Es ist dies ein richtiger, dichter Urwald, Primärwald. Ich passierte den Mirador Valle Hermoso, wo ich ganz verlassen ein junges Hündchen entdeckte. Es schlief in der Sonne. In der nächsten NP-Station machte ich darüber Meldung. Ich erfuhr später, dass dies eine Möglichkeit der Einheimischen ist, ungewollten Tieren ein Zuhause zu bescheren.
Weiters gings in die Nähe von Las Hayas, wo ich an den im Sommer verkohlten Wäldern vorbei kam. Der Geruch von Brand lag in der Luft. Aber an den Füßen der Stämme keimte schon wieder zartes Grün.
Nach 8,5 Stunden, retour auf gewundenen Landstraßen, konnte ich fast nicht mehr gehen.
Es gab Tintenfisch, warm, ohne Mojo (einheimische Paprikaart), denn auf dieses war ich in Gran Canaria allergisch gewesen. Luis kam vorbei. Er wollte nicht beim Essen stören und kündigte sich so um 7 h an.
Weiters wollte ich nochmals meine Flugzeiten überprüfen, via Internet. Ich fragte einen der Söhne der Bar. Nein, kein Internet in Valle Hermoso! Oder, warte! Im Kulturhaus könntest du es probieren, ja, es könnte jetzt offen haben! Na, dann, auf dorthin!
Am Weg traf ich einen Gomero, der den gleichen Weg hatte und mich hinbrachte. Eine mürrische Gomera verwaltete heute Abend die PCs. Keiner war frei, auf 2 spielten Kinder. Ich solle 30 min warten! Eine nette Deutsche half mir dann, als ich erwähnte, ich müsse nur 5 min mal nachsehen, zu einem PC, indem die Kinder rausgehen mussten. Sie lebte auch mit ihrer Rente so schlecht und recht auf der Insel, die Zeiten seien härter geworden.
Luis kam um 7.15 h und spielte im Schutze meines Ecktisches Theater. Mit seinen schwarzen lockigen Haaren, fehlenden Zähnen und Kapuzengewand eine eigene Erscheinung! Un poco loco!
Er pfiff auch einige Male, was sich in der Bar als nicht zuträglich für die Ohren erwies. Weiters dozierte er, El Silbo sei keine Sprache, es sei ein Mittel des Transports von Sprache.

Vor der Kirche San Juan Bautista übersetzte er meine in verschiedenen Sprachen gesprochenen Sätze in El Silbo. Französisch erkannte ich eindeutig durch die Melodie und auch den deutschen Satz „Ich liebe dich“.
El Silbo erzeugt 2 Vokale und 4 Konsonanten, die rechte Hand erzeugt mit den Fingern und der Zunge die Töne, die linke Hand dient als Trichter, welche den Ton kilometerweit trägt. El Silbo zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und wird als Pflichtfach in der Grundschule geführt. Es gibt zahlreiche Videos im Internet, auch von Luis!

Später sah ich aus meinem Augenwinkel die Ankunft eines jungen Mannes in unserer Pension. Ich erfragte die Nationalität, Amerikaner. Ich sprach ihn an und er lud mich ein, mich zu ihm zu setzen. Er war aus Alabama und relaxed. Ein Anwalt. Wir saßen bis zur Sperrstunden um 23 h vorm Lokal und unterhielten uns prächtig. Er sprach auch Spanisch, schließlich sei dies die zweit wichtigste Sprache seines Landes!

Am 3. Tag goss es wieder in Strömen, deutlich hörbar das Rauschen auf das Dach des Lichthofs. Luis war schon da, um zu plaudern. Ich hatte beschlossen, über die Eremita Santa Clara nach Chijere, einer alten Ansiedlung auf dem Berggrat nördlich von Valle Hermoso, zu wandern. Der Anstieg war hart. Es regnete nicht mehr so stark, jedoch hob sich ein Wind. Ich durchstieg diverse Täler, traf auf Terrassen. Am Bergrücken bei Santa Clara wollte ich jausnen, was jedoch der sturmartige Wind unmöglich machte. Der Sand wurde aufs Brot und in die Käsedose geweht. Ich teilte dennoch mein Brot mit einer grau gestreiften Katze, die oben zu leben schien. Hier gab es auch einen Lagerfeuerplatz für die Talbewohner.
Am weiteren Weg war auch ein hydrologisches Projekt der EU zu sehen, welches die Bewässerung der Vegetation vorantreiben sollte. Am weiteren Weg musste ich mich durch Sandverwehungen mühen um dann beim Abstieg zum Meer immer wieder von Windböen erfasst zu werden, welche mich zu Niedersetzen zwangen.
Am Bergfuß, in der Nähe des Castillo, der ehemaligen Kranverladestation von Valle Hermoso, hatte die Kantine keinen Strom wegen des Sturms. Ich stieg bergauf zum Dorf, gegen den Wind, der den Regen in mein Gesicht peitschte.

Nach 6 Stunden Marsch gabs heute eine halbe Portion Spagetti um € 3,--, zuvor Kressesuppe. Manuel offerierte mir Gofio, ein inseltypisches Mehl, das zur Anreicherung verschiedener Speisen und Soßen verwendet würde. Dann war wieder Luis da. Ich benützte nochmals das Internet, um auch die Fähren-Zeiten zu überprüfen. Der Wind heulte beim offenen Tor herein. Diesmal eine nette Dame vom Empfang gab mir gleich einen von einem Kind besetzten Rechner. Nach 15 min, eine halbe Stunde vor Türschluss, eröffnete sie, dass jetzt schon Schluss sei, wegen des Windes. Ich wunderte mich, hatte sie Angst auf ihrem Nachhauseweg? – Luis klärte mich später auf: sie wollte verhindern, dass ein dräuender Stromausfall die Computer beeinträchtigen könnte.
Und dann gabs wirklich im ganzen Tal keinen Strom. Toll! Das Bezahlen meiner ca. € 90,-- hohen Rechnung schien sich schwierig zu gestalten. Ich zählte meine Barreserven zusammen, es würde sich schlimmstenfalls, auch für das Ticket für den Bus zur Fähre, ausgehen. Auch Manuel hatte die prekäre Situation, an sein Geld zu kommen, erkannt und mir eröffnet, sobald der Strom wieder da sei, könne er die Kreditkarten-Maschine bedienen.
Die Bar war ziemlich voll, es war ruhig an den Tischen, Kerzen und Neonleuchten brannten, alles schien normal zu sein. Der Strom flackerte nach 20 min wieder auf, um kurz vorm Start der Kreditkarten-Maschine wieder zu verschwinden. Ja, dies sei häufig in Winterzeiten, der weite Weg des Stroms von San Sebastian bis hierher könne bei diesem Wind oft nicht problemlos zurück gelegt werden. Fast jeder Einheimische schien auch eine Taschenlampe für den Nachhauseweg dabei zu haben. Manuel kündigte schon an, am kommenden Tag um 6.30 h vor Ort zu sein, um meine Rechnung zu erledigen, denn über Nacht komme der Strom wieder. Aber zum Glück gabs schon abends wieder Elektrizität.

Ich überlegte, was alles eine Fahrt retour zur Fähre hinderlich machen könne: Steinschlag, zu viel Wasser auf den Straßen…

Bei der Abreise trug ich Flip-Flops und kurze Jeans. Schon beim Einsteigen in den Bus stand ich im 10 cm tiefen Wasser. Sanft wand sich La Guagua zwischen den Steilwänden durch. Immer wieder kleinen Felsbröckchen ausweichend. Die Sicht beim dichten Nebel belief sich stellenweise auf 2 m. Auf der Westseite der Insel musste eine Hälfte der Straße mit Bergegerät geräumt werden, erfuhr ich später. Wir fuhren an einer Floristeria und Laureleria vorbei (Lorbeerladen). Nach 1 ¼ Stunden in La Villa angekommen, war der Buschauffeur so nett, auf meine Frage hin, wie weit es vom Terminal im Stadtkern zum Fähranleger sei, uns im strömenden Regen direkt hin zu fahren.
Ich trocknete meine nassen Waden und Füße.
Die Deutsche Lektorin, welche ich auf der Fähre kennen lernte, hatte mit pitschnassen Wanderschuhen und ebensolchen nassen Jeans zu kämpfen. Regelmäßig wohnte sie um € 25,-in einem Appartement in La Calera (Valle Gran Rey), um dort zu arbeiten. Sie war trotzdem entspannt und schon angepasst an dieses doch noch wilde Inselleben.
Als wir in Teneriffa wieder angekommen waren, wollten wir uns zu 2 anderen Reisenden in ein Taxi zwängen. Der Taxifahrer meinte, er sei schon voll, wir sollten ein anderes Taxi nehmen oder zu Fuß gehen. Der nette Klein-Insel-Ton war zu Ende! Wir stiegen also zum Ortskern von Los Cristianos hoch, um den Flughafenbus zu nehmen.

Am Flughafen adjustierte ich meine Kleidung wieder gemäß unseren österreichischen Wintertemperaturen und flog, mit 15 min Verspätung, 4,5 Stunden durch eine Halloween-Nacht retour nach Wien.

 

Susanne Wallner


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Letzte Änderung: 2012-11-28 - Stichwort - Sitemap