Purkersdorf Online

Hilda Svoboda – Erinnerungen an eine unbequeme, aufrechte Kämpferin


Hilda Svoboda 28.12.1922 – 16.11.2018


Hilda Svoboda als Zeitzeugin bei der Veranstaltung anlässlich der Erinnerungsveranstaltung „70 Jahre Befreiung vom Faschismus“ im Purkersdorfer Salettl

„Mein Vater war Geschäftsmann. Bei fünf Kindern ist eines immer das schwarze Schaf. Ich war das rote Schaf.“ So hat sich Hilda bei der Erinnerungsveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus vorgestellt. Ihr politisches und soziales Engagement beginnt bei den Naturfreunden im 14. Bezirk, die bereits zu Zeiten des Ständestaates unter Engelbert Dollfuß verboten wurde. Während des Krieges wurde aus der Gruppe schließlich eine antifaschistische Widerstandsgruppe. In dieser Zeit, als Hilda Svobodas Ehemann eingezogen war, arbeitete sie in einer Apotheke. In den letzten Kriegsmonaten flüchtete sie mit ihrem Kind nach Hallstatt und zog nach dem Krieg nach Purkersdorf. Im April 1946 tritt sie der KPÖ bei.

Das Leben der ArbeiterInnen hat sie von Anfang an interessiert. So verwundert es nicht, dass sie ihre politische Tätigkeit in diesem Bereich fortsetzt: Mit der Vision vor Augen, aus der Ruine der ehemaligen Kaserne in der Herrengasse ein lebenswertes Arbeiterwohnheim zu bauen, gelingt die Schaffung einer für die Zeit einmaligen Wohnhausanlage. Hilda in einer Schlussfolgerung 50 Jahre danach: „Wenn heute bis zur vierten Generation Familien es vorgezogen haben, lieber hier zu wohnen als im benachbarten >Sozialbau<, so war es auch die Parkanlage, die vom Säugling bis zur Uroma das Wohnen lebenswert gemacht hat und wo Vandalismus und Gendarmerie nicht zur Tagesordnung gehörten. Stiegensitzer werden nicht geboren, sie werden dazu gemacht.“ In den Jahren der Renovierung und des Aufbaus betreut sie im Haus vor allem die Kinder. Danach vertritt sie die Interessen der MieterInnen – bis zu ihrem Auszug aus dem „großen alten Haus“, vor wenigen Jahren.

„Sie war ein Vorbild in der heutigen Zeit in der sich eine oberflächliche Nettigkeit über alles legt.“ Ein persönlicher Abschied von Inge Schwarzl

Ich kenne Hilda seit den Tagen als es noch ein Parteilokal der KPÖ in Purkersdorf gab. Ich weiss nicht mehr, wie lange das her ist.
Mit Hilda ist eine wertvolle Zeitzeugin gestorben. Sie hat ihr gutes Gedächtnis bis ins hohe Alter bewahrt und auch ihr Interesse an der Welt und Politik. Sie lebte ewig schon in Purkersdorf und kannte Geschichten über jede und jeden. Sie war ein wandelndes persönliches Geschichtsbuch. Leider schreibt man diese Geschichten nie auf.

Lesen war ihre Lieblingsbeschäftigung. Und wenn ein neues interessantes, politisches Buch herauskam, war sie die erste, die es sich besorgte und von der Purkersdorfer Stadtbücherei einforderte, es zu bestellen. Hilda war ein durch und durch politischer Mensch und wacher Geist. Aber sie hatte nicht nur an Politik Interesse, sondern auch an Kultur. Sie liebte Opern und Theateraufführungen und hatte daher auch immer ein Kulturabo für verschiedenste Aufführungen. Als sie nicht mehr selbst zu Veranstaltungen gehen konnte, sah sie sich diese im Fernsehen oder auf DVD an.

Hilda war eine sehr Unbequeme, was ihr überhaupt nichts ausmachte. Sie konfrontierte den Bürgermeister genauso, wie ihre unmittelbare Umgebung, wenn aus ihrer Sicht etwas falsch lief und getan werden musste. Sie war keine, die gleichgültig die Dinge über sich ergehen lässt und dann meint, man könne nichts machen. Ganz im Gegenteil: Hilda war es nicht egal, was in Purkerdorf geschah, politisch, gesellschaftlich. Und so hat sie manches erreicht. Was sie nie getan hat, ist zu schweigen und runterzuschlucken. Insofern war sie ein Vorbild in der heutigen Zeit in der sich eine oberflächliche Nettigkeit über alles legt, nur um die Gleichgültigkeit zu verdecken mit der heute viele durchs Leben gehen. Das macht ein Gefühl von Ohnmacht bei den Menschen, das Hilda für sich nicht kannte, wie ich glaube. Handeln und Selbstermächtigung war ihre Devise. Es hat ihr imponiert, wenn Menschen die Initiative ergriffen und sie verstand die nicht die, keine Courage zeigen, die nicht kämpferisch ihre Stimme erheben. Egal ob es den anderen bequem ist oder nicht. Einer ihrer Lieblingssätze war das Kreiskyzitat: 'Lernen Sie Geschichte.' Und damit hat sie verdammt recht gehabt!

Hilda hat sich positioniert, war präsent. Sie hat sich engagiert und nicht weggeschaut. Und sie war der Meinung, dass man sich beim eigenen Schopf aus dem Schlamassel ziehen muss und nicht zum Opfer werden darf. So hat sie es auch selbst gemacht und sich trotz schwerer Schicksalsschläge nicht unterkriegen lassen. Und es war ihr auch  wichtig, bis ins hohe Alter selbständig zu leben.

Hilda hat ihre Lebenserfahrung gottseidank weitergegeben. Und was wir von ihr gelernt haben, ist, sich kümmern anstatt weg- oder ins Handy zu schaun.

Die Verabschiedung findet am Purkersdorfer Friedhof am 29. November 2018 um 14 Uhr statt


AnfangZum Anfang der Seite
Letzte Änderung: 2018-11-24 - Stichwort - Sitemap