Am Mittwoch, dem 22.1.2003 stellte sich bei der Gemeinderatssitzung im Rahmen der Vorlagen zu den Raumordnungsbeschlüssen heraus, dass der Bürgermeister und die Mehrheitsfraktionen einen wichtigen Beschluss im Sinne der BürgerInnen nicht umgesetzt hatten:
Am 20.3.2002 war beschlossen worden, zum Zwecke der Regulierung des Handymastenwildwuchses in der Raumordnung nur mehr gewisse geeignete Orte auszuweisen. Leider wurde das nun nicht gemacht. (siehe Beilage A1 und A2)
Schon damals hatte der damalige LIB-Umweltstadtrat festgestellt, dass dieser Antrag zu begrüßen sei, das Ergebnis diese Maßnahme aber ungewiss ist und allein auch nicht ausreicht. Daher wurde damals auch ein Antrag mit diversen realistischen Maßnahmen eingebracht. (siehe Beilage A3) Dieser Antrag wurde von einem Vertreter der Bürgermeisterpartei als "diffus" abgelehnt. Aus heutiger Sicht spricht viel dafür, dass der Antrag der Bürgermeisterpartei auch dazu gedient hat die realistischen Maßnahmenvorschläge hintanzuhalten und Zeit zu gewinnen.
Zwar sind seither immerhin Messungen durchgeführt worden, doch der Bürgermeister missbrauchte die vorläufigen Ergebnisse zu einer höchst einseitigen öffentlichen Darstellung ohne mit den betroffenen BürgerInnen Rücksprache zu halten.
Was steht im Gutachten vom 20.9.2002:
Noch ernster ist, dass trotz Zusagen der Gemeinde die Purkersdorfer Mobilfunkbetreiber bis heute nicht den Gutachtern die Betriebsdaten der Handymasten zur Einsicht gegeben haben. Daher heisst es im letzten Satz des Gutachtens: "Eine Beurteilung der Auswirkungen der 8 ausgewählten Sendeanlagen auf die meistbetroffenen AnrainerInnen wird nach Vorliegen der angeforderten Unterlagen nachgereicht"
Im Gegensatz zu den einseitigen Stellungsnahmen des Bürgermeisters in den Medien inkl. dem Amtsblatt hat sich die Liste Baum seit fast einem drei Viertel Jahr Aussagen zu Mobilfunk enthalten. Aus Anlass der aktuellen Wiener Diskussion (siehe Beilage B) und der offensichtlichen Nichterfüllung des Gemeinderatsbeschlusses vom 20.3.03 können wir nicht mehr schweigen. Denn es ist jetzt klar, dass in Wien die Gemeinde sehr wohl den Handybetreibern klare Vorgaben macht, wenngleich noch vieles offen und nicht optimal ist.
LIB-Obmann Josef Baum fordert daher Bürgermeister Schlögl auf statt einseitigen Medienaktionen im Sinne des Amtseides zum vorsorglichen Schutz der Bevölkerung tätig zu werden:
Rücksprachemöglichkeit
Josef Baum
02231 64759 oder 0664 1142298
Vorgabe für die Fachleute vom ARC Seibersdorf war die vom Stadtratsbüro
Faymann kolportierte Sendeleistungsbeschränkung auf 10 mW pro m2 bei
Mobilfunk-Sendeanlagen auf städtischen Wohnhausanlagen. Die Wiener
Freiheitlichen wollten durch das Gutachten feststellen, ob dieser Wert auch
tatsächlich eingehalten wird, erklärte der Obmann der Wiener Freiheitlichen
Mag. Hilmar Kabas.
Die im zweiten Halbjahr 2003 durchgeführten Messungen in drei nach dem
Zufallsprinzip ausgewählten Gemeindewohnungen in den dichtbesiedelten
Bereichen Kagrans und Hirschstettens im 22. Bezirk berücksichtigten
selbstverständlich auch die Spitzenzeiten der Mobilfunkbetriebs. Die in
Wohnräumen der großen Gemeindebauten in der Saikogasse bzw. Quadenstraße
festgestellten Werte erschüttern die Argumentation der
Mobilfunknetzbetreiber, wonach bei einer durchschnittlichen
Leistungsflussdichte von 10 mW pro m2 oder darunter die Aufrechterhaltung
des Netzbetriebes unmöglich sei.
Selbst der laut Faymann-Ressort bei Gemeindebauten verfügte Wert von 10
mW/m2 wurde nicht annähernd erreicht. Die an den Messpunkten im
Mobilfunk-Frequenzbereich (930 MHz bis 960 MHz bzw. 1805 bis 1880 MHz)
gemessene größte Leistungsflussdichte einer Einzelfrequenz lag beim
Fallbeispiel Saikogasse bei 0,1205 mW pro m2, was 0.001205% des in der ÖNORM
S1120 für die Normalbevölkerung angegebenen Grenzwertes entspricht. Dieser
liegt bei einer Frequenz von 950 MHz bei 6.300 mW pro m2. Die an diesem
Standpunkt größte gemessene, über den Frequenzbereich von 100 kHz bis 3 GHz
summierte mittlere Leistungsflussdichte lag bei 0,164% des ÖNORM-Wertes.
Die Ergebnisse an den anderen Standorten ergaben Werte in ähnlicher Höhe,
die deutlich unter der ÖNORM bzw. dem für die Wiener Gemeindebauten
kolportierten Grenzwert lagen. Während der über mehrere Stunden laufenden
Messzeit waren alle Sendeanlagen voll in Betrieb. Es gab keinerlei Störungen
beim Telefonbetrieb. Im Fall des Messpunktes in der Quadenstraße
beispielsweise betrugen die Leistungsflussdichten, nach Netzbetreibern
aufgegliedert, bei A 1 0,0000503 Prozent, bei T-Mobile 0,0013642 Prozent,
bei Telering 0,0003510 Prozent und bei One 0,0065357 Prozent des
ÖNORM-Wertes.
Die höchste summierte Leistungsflussdichte der Untersuchungsreihe im
Mobilfunk-Frequenzbereich betrug 3,2 mW pro m2(Quadenstraße). Zu ähnlichen
Ergebnissen führten Messungen im vergangenen Jahr in Salzburg und in Linz,
wobei der Höchstwert bei 3,4 mW pro m2 lag. Diese Werte sprechen eine
deutliche Sprache. Die Grenzwertsenkung auf eine Leistungsflussdichte von 5
mW pro m2 sei im Sinne der Gesundheitsvorsorge durchaus machbar, ohne die
Leistungsfähigkeit der Mobilfunknetze zu beeinträchtigen. Kabas und Prinz
drängen daher auf baldige Gespräche der Stadt Wien mit den Netzbetreibern,
um einen für alle Beteiligten gangbaren Weg in dieser Sache zu finden.
Die Wiener Grünen freuen sich, daß sich die Wiener FPÖ offenbar der Grünen
Forderung nach strengeren Genehmigungskriterien für Handymasten
angeschlossen haben. "Diese Forderung entspricht einem Grünen
Resolutionsantrag aus dem Juni 2001, in dem wir Stadtrat Faymann
aufgefordert haben, die Wiener Bauordnung in diesem Sinne zu verändern",
merkt der Wiener Umweltsprecher, GR Rüdiger Maresch an. In diesem Antrag
forderten die Grünen eine Bewilligungspflicht bei der Errichtung von allen
Handymasten, die auch eine echte Bauverhandlung mit Einbeziehung aller
AnrainerInnen beinhalten sollte.
Leider lehnte dies Stadtrat Faymann mit einer fadenscheinigen rechtlichen
Begründung ab. Die wahren Hintergründe dafür liegen wohl eher in dem
Bestreben der Stadt Wien, den Mobilfunkbetreibern Schwierigkeiten bei der
Aufstellung ihrer Masten aus dem Weg zu räumen. Nicht ohne Bedeutung dürfte
in diesem Zusammenhang auch die Tatsache sein, daß Wiener Wohnen aus der
Vermietung von Standorten für Handymasten jährlich mehr als 1,5 Millionen
Euro lukriert.
ie Forderung nach einem Grenzwert für die Leistungsflußdichte von 5 mW/m2
ist für Gemeindebauten durch die Halbierung des derzeit geltenden
Vorsorgegrenzwertes sicherlich auch ein Fortschritt. Es darf aber nicht
außer Acht gelassen werden, daß der Vorsorgegrenzwert in Salzburg bei nur 1
mW/m2 liegt. Maresch: "Sollte es tatsächlich gelingen, einen niedrigen
Grenzwert in der Bauordnung für alle Gebäude zu verankern, so wäre dies ein
sehr großer Fortschritt, nachdem es für Handymasten auf privaten Gebäuden
quasi keine echten Grenzwerte gibt. Schließlich ist es nicht einzusehen, daß
BewohnerInnen von Privathäusern in dieser Beziehung Bürger 2. Klasse sind."
In diesem Zusammenhang ist die Bundesregierung bereits seit Jahren säumig.
Bereits 3 FPÖ-VerkehrsministerInnen sind daran gescheitert, gegen die
Interessen der Mobilfunk-Lobby ein Gesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender
Strahlung mit verbindlichen, niedrigen Grenzwerten zu erlassen. Die Wiener
FPÖ sollte daher auch einmal auf ihre ParteikollegInnen auf Bundesebene
einwirken, um die gesetzliche Situation für AnrainerInnen von
Mobilfunkmasten zu verbessern.
"Es wird höchste Zeit, daß sich die Wiener Stadtregierung endlich
ernsthaft mit dem Problem des Handymasten-Wildwuchses beschäftigt und
sich für die Interessen der Wiener Bevölkerung einsetzt und nicht die
Interessen der Mobilfunkbetreiber in den Vordergrund stellt", so GR
Maresch abschließend.
"Leider fehlt eine österreichweite klare und verbindliche Festlegung für
die Höchstgrenze der Handymastenstrahlenbelastung. Trotz jahrelangen
Urgierens der Stadt Wien haben die diversen Infrastrukturminister bis heute
keine nachvollziehbare Strahlengrenzwert-Verordnung erlassen. Laut Ö-Norm
gelten deshalb weiterhin die weit überhöhten 10.000 Milliwatt pro
Quadratmeter als oberstes Belastungslimit bzw. die WHO-Empfehlung von 4.500
Milliwatt pro Quadratmeter", erklärte heute Wohnbaustadtrat Werner Faymann.
Die Stadt Wien hat unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge bereits vor Jahren
eine Kommission ins Leben gerufen, um vor dem Anbringen von Handymasten auf
Gebäuden, die der Stadt gehören, sicherzustellen, dass ein
Strahlungs-Höchstwert von 10 Milliwatt pro Quadratmeter nicht überschritten
wird. In den überwiegenden Fällen liegt die gemessene Strahlung ohnedies
weit unter diesem freiwillig festgesetzten Richtwert für städtische
Gebäude."
BEILAGEN
Übersicht
A. Unterlagen zur Purkersdorfer Diskussion
B. Die aktuelle Wiener Diskussion
Mobilfunk: Seibersdorf-Gutachten untermauert
Forderung nach Grenzwertesenkung -Aussendung der FP 21.1.2003
Wiener Grüne:
"Strengere gesetzliche Regelungen für
Handymasten - Maresch fordert abermals eine Bewilligungspflicht für alle
Handymasten" 21.1.2003
Stadtrat Faymann:
Handhabbare österreichweite Höchstgrenze fehlt immer noch 21.1.2003