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Feinstaubalarm aus ärztlicher Sicht


Über die Gesundheitsgefahr winziger, böser Staubteilchen in aller Lungen

Der folgende Text wurde von Dr. Hutter zur Verfügung gestellt und ist auch im Kurier erschienen

Alarm! Die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaub wurden zuletzt häufig überschritten: Österreichischer Meister ist Graz mit Konzentration bis zum Vierfachen des Grenzwertes. Während üblicherweise auf Alarmsignale entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, passiert in diesem Fall nichts, obwohl die feinen, unsichtbaren Staubteilchen weiterhin massiv unsere Gesundheit gefährden. Die winzigen Partikel gelangen tief in die Atemwege und verursachen dort u.a. Entzündungen und Lungenkrebs. Sie verteilen sich über die Blutbahn im ganzen Körper, was zu Herz-Kreislauf-Problemen führen kann - bis zum Auslösen von Herzinfarkten. Im Tierversuch wurden sie sogar im Gehirn nachgewiesen (dorthin gelangen sie über Nase und Riechnerv). Was sie dort anrichten, ist noch nicht bekannt. Eines ist gewiß: Zur Gesundheit des Gehirns tragen sie sicher nicht bei.

Trotz dieser vielen Hinweise zu den volksgesundheitlichen Nachteilen durch die (verkehrsbedingte) Feinstaubbelastung zeigt die Politik keine Eile beim Reagieren. Nicht einmal angesichts der Smogepisoden. Der Druck von entsprechenden Lobbys ist scheinbar zu groß. Zuerst werden die Feinstaub-Emissionen von Pkws und Lkws zahlenmäßig verniedlicht. Dann werden selbst geringste Einschränkungen (über wenige Stunden) des motorisierten Verkehrs während der Smogepisoden als unzumutbar zurückgewiesen: Es wird so getan, als ob jedem Einzelnen sein Auto weggenommen würde.

(Opfer-)Zahlen, die seit der WHO-Minister-Konferenz in London 1999 vorliegen wie etwa 2.400 vorzeitige Todesfälle durch verkehrsbedingten Feinstaub, rund 56.000 Asthmaanfälle bei Erwachsenen und Kindern, etc. für Österreich pro Jahr werden bestritten und/oder ignoriert. So wird das Schweigen der Ämter während der Tage mit Feinstaub-Spitzenbelastung mit Hustenanfällen von Kindern beantwortet.

Die Bevölkerung ist sich dieser Gesundheitsschäden durch verkehrsbedingte Partikel und deren wichtigsten Verursacher - Dieselmotoren - nach wie vor kaum bewusst. Der Diesel gilt nach wie vor als umweltfreundlich, und viele Autofirmen bewerben hauptsächlich ihre Dieselmodelle. Einzige Aktion ist die geförderte Nachrüstung mit Partikelfiltern. Das ist zwar ein Anfang - aber sicherlich zu wenig. Beispielsweise sollte auch die steuerliche Begünstigung des Diesels aus medizinischer Sicht unbedingt überdacht werden.

Eher verlassen sich Entscheidungsträger auf Wetterumschwünge als auf ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Es wird auf die atmosphärisch bedingte Auflösung von winterlichen Inversionswetterlagen, auf das Entfernen des Streusplitts und damit auf eine Beruhigung der Feinstaubsituation gesetzt. So rettet man sich durch die winterliche Partikelproblematik. Im Frühjahr gibt es dann eine kurze Verschnaufpause, bevor im Sommer das reizende Ozon in der Atemluft auftaucht. Dann sehnt man sich wieder nach Regen, der diesen Schadstoff verringert.

Doch nicht immer verläßt man sich auf die Witterung. Wenn beispielsweise das Umweltverträglichkeitsgesetz u.a. für Renn- und Teststrecken aufgeweicht wird, dann zeigen sich plötzlich Engagement und Eifer, die man zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Eine schnelle Reaktion in die leider komplett falsche Richtung - gegen Gesundheits- und Umweltschutz. Genau so unbegreiflich: die 160 km/h Aktion des Verkehrsministeriums. Alarm!

Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter
Institut für Umwelthygiene, Medizinische Universität Wien
Ärzte für eine gesunde Umwelt


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Letzte Änderung: 2005-03-29 - Stichwort - Sitemap