Purkersdorf Online

Interview mit Renate Strauss


Bei der kommenden Landtagswahl am 30. März 2003 kandidiert Renate Strauss als Spitzenkandidatin der KPÖ für den Bezirk Wien-Umgebung.

Renate, warum kandidierst du für die KPÖ?

Es mir geht darum, denjenigen, welche nicht an der Sonnenseite des Lebens stehen, im täglichen Leben Hilfe anzubieten und, was noch viel wichtiger ist, ihnen wieder Selbstachtung zu geben. Was eine Politik der kleinen Schritte bewirken kann, hat uns das Beispiel in Graz hervorragend vor Augen geführt. Dies unterscheidet sich auch deutlich von den selbsternannten, laut plärrenden Rettern des "kleinen Mannes", wollen diese doch den "kleinen Mann" zumeist mit unappetitlichen Geschenken, wie Neid und Ausländerhass, klein und abhängig belassen.

Das Streben nach einer gerechten und humanen Gesellschaft wird im Menschen niemals aussterben und die gescheiterten realsozialistischen Experimente haben mit meiner Vorstellung von Kommunismus nur sehr wenig gemein gehabt.

Du hast kurz Osteuropa erwähnt. Wie stehst du eigentlich zu der geplanten EU-Osterweiterung?

Lass mich hier ein bisschen weiter ausholen. "Proletarier aller Länder vereinigt euch", hat schon Karl Marx gesagt. Er hat von Vereinigung und nicht von Isolation gesprochen. Auch wenn das vielleicht mit kurzfristigen Opfern für uns selbst verbunden ist. Aber ist dies nicht die gelebte Solidarität, die in Puerto Allegro auch durch uns laut gefordert wird? Nur ein Schelm, der glaubt, dass Gerechtigkeit für die Entwicklungsländer ohne Wohlstandsverluste der reichen Industriestaaten vereinbar ist.

Generell halte ich den von Teilen der KPÖ geforderten Austritt aus der EU für die falsche Diskussion. Dieser ist, besonders nach der Einführung des Euro, ökonomisch zu überdenken. Machen wir aus der Räuberbande EU eine Kampftruppe für Vollbeschäftigung und Menschlichkeit!

Renate, dein Wahlkampfbezirk liegt gleich neben Wien. Welche Vor- bzw. Nachteile ergeben sich aus dieser Nähe?

Ein Vorteil ist sicherlich in der Arbeitsplatzsituation zu sehen. Es wäre zwar übertrieben zu behaupten, dass es hier keine Probleme gibt, jedoch im Vergleich zu Bezirken im Waldviertel mit einerseits hoher Arbeitslosigkeit und andererseits hoher Landflucht der Jugendlichen erscheint die Situation doch rosiger. Aber auch in Wien-Umgebung wurden wir konfrontiert mit einem massiven Arbeitsplatzabbau in der vormals verstaatlichten OMV, der jedoch zum Teil durch die Expansion des Flughafens aufgefangen wurde, wobei ein Abfall des Lohnniveaus in Kauf genommen werden musste.

Das größte zukünftige Problem in unserer Region, besonders im Hinblick auf die EU-Osterweiterung, wird der Verkehr werden. Ein Problem, das von den Verantwortlichen jedoch beharrlich ignoriert wird. Es wird nur über die LKW-Lawine am Brenner gesprochen, obwohl weit mehr Regionen unter diesem Problem leiden. So auch die Ostautobahn A 4, wo bereits heute - lange vor der Osterweiterung - Tag und Nacht LKWs fahren.

Du siehst für die Umgebung Wiens Versäumnisse in der Verkehrspolitik?

Es ist ein unglaubliches Versäumnis, dass die rollende Autobahn noch immer nur ein Wahlkampfversprechen ist. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass es unbegreiflich und gleichzeitig beschämend ist, dass die Linie S 7, die Pressburger Bahn, nicht nach Bratislava ausgebaut wird. Dies wäre die günstigste Möglichkeit, um die Straßen zu entlasten und endlich die beiden Hauptstädte zusammenzubringen. Aber warum soll über Staatsgrenzen hinweg geplant werden, wenn ich bedenke, dass selbst das "rote" Wien und das "schwarze" Niederösterreich augenscheinlich kein schlüssiges, abgestimmtes öffentliches Verkehrskonzeptes umsetzen können. Im Gegenteil, der öffentliche Verkehr wird immer teurer und unzuverlässiger. Ich fordere deshalb auch im Hinblick auf die Verpflichtung Österreichs zur Reduktion der Treibhausgase - auch wegen der in meiner Region persönlich erlebten ersten Auswirkung der Klimaveränderung in Form von Hochwassern - den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs in unserer Region, wobei eine Verlängerung der U-Bahn auch nach Niederösterreich kein Tabu darstellen sollte. Weiters muss auch die zeitliche Ausweitung der Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel vorangetrieben werden, können doch Jugendliche aus meiner Region nur die Nachmittagsvorstellungen im Kino besuchen, wollen sie mit dem Zug noch nach Hause fahren.

Glaubst du, dass die Wiederauflage der schwarz-blauen Regierung einen Einfluss auf die niederösterreichischen Landtagswahlen haben werden oder nicht?

Das ist eine sehr interessante Frage. Natürlich fühlen sich viele Niederösterreicher ein bisschen gefrotzelt und fragen sich, warum sie eigentlich gewählt haben. Ich bezweifle aber, ob dies einerseits den Länderorganisationen der Oppositionsparteien in Niederösterreich, SPÖ und Grüne, einen Auftrieb und andererseits denen der Regierungsparteien, ÖVP und FPÖ, einen Dämpfer versetzen wird. Man bedenke, dass LH Pröll dem Beschluss gar nicht zugestimmt hat. Generell wage ich aber die Vermutung, dass die Wahlbeteiligung gering sein wird. Dies wird vielleicht durch den Frust der Nationalratswahlen verstärkt, erklärt sich aber doch größtenteils dadurch, dass im Wahlkampf Höhepunkte Mangelware und die Konkurrenten von LH Pröll farblos sind. Natürlich mit Ausnahme des Spitzenkandidaten der KPÖ (lacht), aber wir können leider aus budgetären Gründen nicht so präsent sein.

Renate, was sind deine persönlichen Wahlkampfziele?

Am meisten liegt mir natürlich daran, einem möglichst breiten Personenkreis die Vorstellungen und die Arbeit der KPÖ näher zu bringen und Missständen entgegenzutreten. Nicht alleine, sondern gemeinsam mit den WählerInnen, denn gemeinsam sind wir stark und nur gemeinsam können wir eine bessere Zukunft für Niederösterreich schaffen.

Renate, danke für das Gespräch!


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