Purkersdorf Online

Interview mit Monika Kisser


Bei der kommenden Nationalratswahl am 24. November wird Frau Dipl. Ing. Monika Iordanopoulos-Kisser als Spitzenkandidatin der "Grünen" für die Bezirke Wien-Umgebung und Mödling kandidieren. Die dreifache Mutter und Gemeinderätin in Mauerbach ist seit 12 Jahren als Chemikerin in der N.Ö. Umweltschutzanstalt tätig. Beim Landesplenum der Grünen N.Ö. wurde sie auf den 6. Platz der Landesliste gewählt.

Monika, worauf beruht dein Engagement in der Politik? Ist es die Liebe für die Natur oder ist es dein soziales Gewissen, das dich dazu bewogen hat, für die Grünen in N.Ö zu kandidieren?

Ich bin hier in Mauerbach aufgewachsen. In dieser schönen Umgebung habe ich schon sehr früh meine Liebe zur Natur entdeckt. Doch bereits als junge Studentin der Naturwissenschaften merkte ich, dass diese Liebe zur Natur von Mensch zu Mensch anders verstanden wird. Während viele auch heute noch glauben, dass die Natur vor allem dazu da ist, um dem Menschen zu "dienen", gibt es auch Zeitgenossen, die zwar Respekt vor der Natur empfinden, jedoch ihre Mitmenschen aus den Augen verlieren.

Für mich stellen umweltbewusstes Engagement und Engagement für den Menschen eine Einheit dar. Diese Betrachtungsweise war bereits mein Motiv, als ich während meines Studiums der Technischen Chemie aktiv im Kampf gegen das geplante AKW Zwentendorf teilgenommen habe und später als Kampagnenleiterin bei Greenpeace erfolgreich für saubere Flüsse in Österreich eingetreten bin. Seit nunmehr 12 Jahren setze ich mein Wissen als Abteilungsleiterin in der N.Ö. Umweltschutzanstalt für die Kontrolle der Umwelt ein.

Du bist als Umwelt-Expertin in Österreich und in der EU tätig, kann man seine Anliegen für die Umwelt und die Gesellschaft nicht auch als Experte zufrieden stellend umsetzen ?

Bis zu einem gewissen Grad schon aber ich merke zugleich, wie machtlos Experten in Wirklichkeit sind, wenn Politiker - oft ohne den entsprechenden Sachverstand - Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg treffen. Ich merke aber auch, wie in letzter Zeit das Bemühen der Politik um die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen immer mehr abnimmt.

Könnte man also sagen: Umweltschutz ist in den 80-er und 90-er Jahren IN gewesen und jetzt eben aus der Mode gekommen?

All jenen zum Trotz, die vor kurzem noch diese Frage bejahen würden, zeigen uns zur Zeit die vielen Naturkatastrophen auf dem Globus und in Österreich leider auf schmerzlichste Weise, dass es dem nicht so ist. Es stellt sich aber auch heraus, dass Krisenmanagement allein präventives Handeln nicht ersetzen kann. Auch wenn die Politik sich rühmt, während der Überschwemmungen bei uns sofort mit Rat und Tat vor allem aber mit vielen hoffentlich nicht leeren Versprechen zur Stelle gewesen zu sein: Die Gründe für die Umwelt-Katastrophe im Sommer - und ich fürchte es wird nicht bei dieser einen bleiben - wurden dadurch nicht einmal angetastet.

Welche Gründe sind das hauptsächlich ?

Auch wenn manche es immer noch nicht wahr haben wollen, der globale Klimawandel, um den es sich hier handelt, ist ein Phänomen, zu dessen Entstehung der Mensch nicht unwesentlich beiträgt. Es ist aber kein lokales Phänomen und kann daher nicht nur auf "nationaler" Ebene bekämpft werden. "Nationale" Lösungen, wie sie manche politische Parteien zur Zeit anstreben, sind hier weder zielführend noch billig. Sie kämen dem sinnlosen Versuch gleich beispielsweise über Österreich einen riesigen "Regenschirm" aufzuschlagen, um dann in Sicherheit zuzuschauen wie die restliche Welt im Regenwasser versinkt?.

Aber zu der Sorge um den globalen Klimawandel hat sich in den letzten Jahren auch die Sorge um den Wandel des politischen Klimas in Österreich gesellt.

Seit wann hast du begonnen, diesen "politischen Klimawandel" in Österreich zu spüren ?

Das hat Anfang der 90-er mit der Verrohung der Sprache begonnen und führte dann zu einer "Politik" im Namen des "kleinen Mannes" aber -wie man heute sieht- ohne Respekt vor ihnen, zum "politischen Populismus". Am Anfang waren es unsere ausländischen Mitbürger, die trotz ihrer Leistungen für die Gesellschaft als Sündenböcke für alles Erdenkliche und Negative in Österreich herhalten mussten. Hier war die FPÖ jahrelang unübertroffen. Bis zu ihrer "Selbstzerstörung" wie sie zur Zeit noch vor sich geht. Doch wie man mit diesem Thema Wählerstimmen-Zuwächse verzeichnet, zeigt uns nun der ÖVP-Innenminister Strasser mit seiner Idee, Asylwerber gerade in der kalten Jahreszeit ohne ordentliches Verfahren regelrecht auf die Strasse zu setzen . Doch die Menschenverachtung blieb nicht "nur" bei den Ausländern. Sie zeigte sich auch in vielen politischen Entscheidungen der blau-schwarzen Regierung: Ambulanzgebühr und Besteuerung der Unfallrenten sind nur zwei Beispiele für die erschreckende Entsolidarisierung mit den Schwachen und Kranken. Ich kann in dieser Form der Politik kein humanistisches Ideal mehr entdecken. Um so enttäuschender diese Feststellung, wenn man bedenkt, dass diese Politik von einer Partei wie der ÖVP wesentlich mitgetragen wird. Von einer Partei also, die sich rühmt christlich zu sein! Bereits jetzt kündigen sie aber an, diesen unsozialen "Reformkurs" nach den Wahlen in der Koalition mit der FPÖ fortsetzen zu wollen - ein Gedanke der langsam auch für ihre eigenen Wählerinnen und Wähler unerträglich wird. Daher möchte ich mich für eine menschliche Politik einsetzen, die den Respekt vor den Mitmenschen mit dem vor der Natur verbindet.

Den Grünen wird oft vorgeworfen, dass ihre Anliegen zwar gut für die Umwelt und die Gesellschaft sind, jedoch nicht genauso gut für die Wirtschaft.

Das tun nur diejenigen, die polemisieren wollen. Die Grünen wissen sehr gut, dass ohne eine starke Wirtschaft viele ihre sozialen Vorhaben aber auch solche zur Sanierung der Umwelt einfach nicht finanzierbar sind. Aber gerade von einer starken und keiner anderen Wirtschaft sprechen wir: Die Praxis hat nämlich bereits bewiesen, dass umweltfreundliche Technologie, die den sparsamen Umgang mit Energie und den Rohstoffen zur Doktrin hat, gerade zur Maximierung der wirtschaftlichen Erträge, die dabei möglich sind, führt. In diesem Bereich hat Österreich international bereits gute Reputationen und darauf sollten wir in Zukunft verstärkt setzen. Nur eine "Wirtschaft" die innovationsfeindlich und schlussendlich aus heutiger Sicht realitätsfremd ist, kann längerfristig ein Problem mit dem "grünen Wirtschaftsmodell" haben. Aber eine solche Wirtschaft ist auf Grund der heutigen internationalen Konkurrenz so oder so zum Scheitern verurteilt.

Wieso bist du so überzeugt davon, dass Innovation lebensnotwendig für die Wirtschaft ist?

Weil ich es selbst erlebt habe. Als Kampagnenleiterin bei Greenpeace forderte ich den Umstieg auf umweltfreundlichere Verfahren bei der heimischen Zellstoffindustrie, da sie in den 80igern die größten Verschmutzer der heimischen Flüsse waren. Als Ziel für meine erste Greenpeace-Aktion wählte ich ein besonders drastisches Beispiel, das Zellstoffwerk in Kematen an der Ybbs. Die Firmenleitung stellte auf Grund des öffentlichen Drucks als eine der ersten in Österreich auf die neuen Verfahren um. Vergleichbare Werke, die nicht so schnell reagierten, sind mittlerweile auf Grund der wirtschaftlichen Zwänge geschlossen. Die umweltfreundlichen Verfahren setzten sich in Europa durch. Die österreichische Zellstoffindustrie investierte auf Grund unseres Drucks rechtzeitig und sicherte damit die Arbeitsplätze. Und auch die Flüsse sind wieder sauber, in der Ybbs kann heute wieder gefahrlos gefischt werden!

Monika, danke für das Gespräch!


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