Purkersdorf Online

Riesensummen lassen alle Schranken fallen


Liste Baum & Grüne - Newsletter 2005-11-10

Riesensummen lassen alle Schranken fallen

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Worum es geht in Kürze: 

 

Es geht an der Grenze zwischen Wien und NÖ um die Umwidmung eines großen Grundstücks von “Baulandsondergebiet-Sport-Kultur und Bildungseinrichtung“ auf "Bauland-Wohngebiet" für eine Reihenhausanlage. 39000 m2 sollen umgewidmet werden. Eigentümer ist derzeit der ÖGB, ein Verkauf ist offenbar im Laufen. Beim abgeschlossenen beschränkten Wettbewerb wurden 160 Wohnungen und 320 Garagen vorgegeben. Dabei geht es offensichtlich um sehr, sehr viel Geld, jedeR kann sich bei den derzeitigen Grundpreisen die riesige Summe ausmalen. Das ist jedenfalls klassische Grundverwertung ohne Leistung und steht den Spekulationspraktiken der BAWAG in nichts nach. Bei diesen Summen wundert es auch nicht, wenn moralische und gesetzliche Barrieren, oder selbstgesetzte Begrenzungen wie das Entwicklungskonzept der Gemeinde brachial beiseite geschoben werden.

 

Einsicht und Stellungsnahme auf der Stadtgemeinde Purkersdorf (zu den Amtsstunden) ist für alle ÖsterreicherInnen noch bis 22.11. möglich

 

 

 Der große Traum: Millionenvermögen ohne Arbeit: jetzt auch für den ÖGB?

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 An der Grenze Purkersdorf-Wien, am „Hueberhaus“ am Mühlberg in der Nähe der „Stadt des Kindes“ ist derzeit etwas im Gang, was schon x- mal in Purkersdorf geschehen ist: Es wird - ohne Arbeit oder Leistung - aus Bodenbesitz viel, sehr viel Geld gemacht; und zwar über einen einfachen Beschluss der Gemeinde zur Umwidmung. Dadurch wird einmal ein neuer Riesenbau entstehen. Genau durch diese leistungslose Grund- und Kapitalverwertung wird der Wienerwald seit Jahrzehnten zubetoniert. Das Ganze wird dadurch nicht besser, dass in diesem Fall der Profiteur, der durch einen Gemeinderatschluss hier um viele Millionen Euro reicher werden soll, ÖGB heißt. Und das Ganze wird auch nicht besser, dass der Platz nahe der Autobahn nicht wirklich toll ist. Gegen diese Verbauung hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die vor allem auf die Verkehrsfolgen hinweist.

 

Bei der letzten und vorletzten Sitzung des Gemeinderats wurde die Umwidmung eines ca. 40000 m2 großen Grunds an der Grenze zu Wien am Mühlberg eingeleitet. Derzeit liegt diese Umwidmung zur Einsicht und Stellungsnahme auf der Stadtgemeinde (zu den Amtsstunden) noch bis 22.11. auf. Jede schriftliche Eingabe muss vom Gemeinderat bei der nächsten Sitzung - wahrscheinlich am 13.Dezember - behandelt werden. Dann erfolgt ein Beschluss des Gemeinderates, der noch vom Land NÖ bestätigt werden muss.

 

 

Entwaffnend ehrliche Begründung für Abcashen - mit unvorhersehbaren Folgen

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In der Begründung für die Vorgangsweise wird entwaffnend ehrlich argumentiert:

"Eine Revitalisierung des bestehenden Areals  konnte trotz intensiver Bemühungen nicht erreicht werden. Alternative Nutzungsmöglichkeiten sind aufgrund der bestehenden Widmung und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, d.h. mangels der Bereitschaft passender Investoren, ebenfalls gescheitert.

Die Nachfrage nach Wohnbauland ist sehr groß“. Daraus wird dann abgeleitet, dass  umgewidmet werden soll.

 

Wenn das Schule macht, dann kann ja im Wienerwald sehr leicht umgewidmet werden: Jeder der sein Haus verkaufen möchte und glaubt, zu wenig daraus zu erlösen, kann zur Begründung einer höherwertigen Verbauung wörtlich abschreiben (zur Wiederholung): "Eine Revitalisierung des bestehenden Areals  konnte trotz intensiver Bemühungen nicht erreicht werden. Alternative Nutzungsmöglichkeiten sind aufgrund der bestehenden Widmung und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, d.h. mangels der Bereitschaft passender Investoren, ebenfalls gescheitert.

Die Nachfrage nach Wohnbauland ist sehr groß.“

 

Jedenfalls kann aber der ÖGB als Eigentümer NICHT auf Verluste verweisen. Das Grundstück wurde nicht teuer gekauft und Investitionen sind schon nicht mehr wahr. Denn: In „Purkersdorf – die Wienerwaldstadt von A bis Z“ von Dr. Schlintner (2003) lese ich, dass das Hueberhaus 1930 von Gewerkschaftsmitgliedern selbst erbaut wurde und nach 1945 längere Zeit die einzige zentrale Bildungsstätte für alle Teilgewerkschaften war, 1968 wurde es modernisiert und 1974 wurde es Ausbildungszentrum der allgemeinen Unfallverhütungsanstalt. Seit 2001 ist es ungenutzt. (Letzteres stimmt übrigens nicht mit dem ersten Absatz des aufliegenden Umwidmungstextes überein, wo steht, dass der Komplex seit „ca. 10 Jahren leer steht“; ist aber nicht so wichtig.)

 

Es geht also um Abcashen aufgrund der Lage des Grundstückes ohne jedwede Leistung . Ich glaube nicht, dass 10 zusätzliche Millionen Euro vom ÖGB z. B für weitere Spekulationen der BAWAG verwendet würden, sondern sicher sinnvoll eingesetzt würden. ABER: Der Beispielcharakter in der Biosphärenparkregion wäre sehr negativ.

 

 

Bei Riesensummen: Missachtung einfachster formaler Erfordernisse

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Eigenartigerweise ist in den aufliegenden Umwidmungsunterlagen der letzte Gemeinderatsbeschluss nur teilweise berücksichtigt, und zwar in wichtigen Fragen unvollständig:

 

Im Beschluss hieß es: "Darüber hinaus beschließt der Gemeinderat, dass eine endgültige Umwidmung in Baulandwohngebiet abhängig gemacht wird von der Errichtung eines öffentlich zugänglichen Kinderspielplatzes und Betreibung durch den kommenden Eigentümer. Im Wettbewerbsverfahren ist darauf zu achten, dass eine Kinderbetreuungseinrichtung, die nicht von der Stadtgemeinde errichtet, finanziert oder betrieben wird, vorgesehen wird. Die Energieversorgung soll mit erneuerbarer Energie (z.B. Biomasse) erfolgen. Eine Verkehrslösung, die die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel erleichtert, ist zu prüfen".

Der Bürgermeister wird es drehen und wenden können, wie er will: Dieser Beschluss hätte in die nun aufliegenden Unterlagen Eingang finden müssen. Somit ist das Auflageverfahren, das schon einmal verschoben werden musste,  allein deshalb fehlerhaft und wird wahrscheinlich allein deswegen neuerlich zu wiederholen sein.

 

Ein weiterer Formalfehler sowohl beim ausgehängten Verordnungsentwurf wie auch bei den am Amt öffentlich einsehbaren Unterlagen ist die fehlende Unterschrift des Bürgermeisters. Persönlich sicher verzeihbar, dass bei solchen Summen die Knie schlottern; aber was sein muss, muss sein.

 

Nicht nur formal, sondern sehr schwerwiegend  und mit weitreichenden Folgen ist der direkte Verstoß gegen das geltende Entwicklungskonzept: 

 

Riesensummen ändern selbstgewählte "10 Gebote" - Stadtentwicklungskonzept wird Makulatur

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Immerhin hat  das Land NÖ die Gemeinde Purkersdorf schon am 20. Juli in einem höflichen Brief auf das geltende Entwicklungskonzept aufmerksam gemacht: Bei dieser Umwidmung würde simpel ein "Widerspruch zwischen Entwicklungskonzept und Flächenwidmungsplan" entstehen. 

Worum geht es: Weil dies allgemein vorgeschrieben ist, wurde 2002 auch in Purkersdorf ein  "Entwicklungskonzept" gemacht, sozusagen "10 Gebote" für die Stadtplanung. Damals gab es noch keine absolute Mehrheit, und so konnte auch sinnvolle Dinge einfließen, die wahrscheinlich nicht mehr möglich sind. Diese  selbstgemachten "10 Gebote" sind beim Land NÖ hinterlegt und sozusagen in Stein eingemeisselt:

 

Es steht dort u.a.: "Grundsätze: Die Siedlungsentwicklung Purkersdorfs ist auf dem Prinzip der nachhaltigen Stadtentwicklung aufgebaut. Um Überbeanspruchungen der natürlichen Ressourcen zu vermeiden, sind ökologische Grenzen anzuerkennen. Die Grenzen des Siedlungswachstums sind in Purkersdorf aufgrund der naturräumlichen Beengtheiten erreicht und zwingen zur Siedlungsraumbegrenzung und zum sparsamen Umgang mit dem Bauland.

Die Siedlungsentwicklung soll auf den örtlichen Bedarf ausgelegt werden. Um das soziale Gefüge, die Umwelt und die vorhandenen Infrastruktureinrichtungen nicht zu überlasten, sollte die Bevölkerungszahl konstant gehalten werden und der ungezügelte Bevölkerungszuzug aus der Bundeshauptstadt Wien eingebremst werden...

Die Bebauungsdichte in nahezu allen peripheren Siedlungsteilen wird verringert und bildet so ein Regulativ hinsichtlich der Nutzung des Wohnbaulands"

Und ganz konkret als Maßnahme: "Reduzierung der Bebauungsdichte in den peripheren Siedlungsbereichen Baunzen, Deutschwald ab Hohenwartergasse, Sagberg, obere Hießbergergasse, Waldgasse"

 

Hier geht es um ein Grundstück bei der Waldgasse, das noch "peripherer" ist als die Waldgasse selbst. Bei 10 Millionen Euro ist aber so eine eindeutige Selbstbindung des Gemeinderats aus 2002 offensichtlich kein Problem. Der Bürgermeister diktierte übrigens nach dieser meiner Darstellung bei der letzten Gemeinderatssitzung aus dem Stehgreif bei der letzten Gemeinderatssitzung als Beschluss ins Protokoll: "Bis zur endgültigen Entscheidung über die Widmung des Grundstückes ist auch das Entwicklungskonzept anzupassen". Wenn selbstbeschlossene "10 Gebote" der Kapitalverwertung im Weg sind, dann werden sie "angepasst", so einfach ist das bei absoluter Mehrheit. Es werden nicht einmal neue aufgestellt, es genügt eine "Anpassung". Dies erinnert an  Könige, die Kleine mit Vorschriften traktieren, sich selbst aber beim obersten Kirchenherrn Ausnahmeregelungen erwirkt haben.

Die Auflage der Änderung des Flächenwidmungsplans mit Verstoß gegen das geltende Entwicklungskonzept, ohne gleichzeitige Auflage der angestrebten Änderungen im Entwicklungskonzept stellt ebenfalls einen Regelverstoß dar.

 

Schließlich werden von der Raumordnung Anlassänderung grundsätzlich ausgeschlossen; denn wozu sollte es Regeln geben, wenn sie laufend auf Bedarf geändert werden - wie in Purkersdorf leider üblich. Leider werden diese gesetzwidrigen Praktiken aber von oben meist toleriert; mit dem Hinweis, dass es hier um Mehrheitsentscheidungen im Gemeinderat und damit um den Willen der Bevölkerung gehen würde.

- Das ist mit einem Fußballspiel vergleichbar, bei dem ein Spieler in Abseitsposition ein schönes Tor schießen kann und schnell auf Zuruf über Mehrheitsentscheidung unter Zuschauervertretern die Regel geändert werden.

 

Dass diese Umwidmung gegen diverse andere von der Gemeinde Purkersdorf unterschriebene Abkommen wie etwa die Wienerwalddeklaration verstößt, verwundert nicht, wenn schon gegen selbst aufgestellte Regeln frontal verstoßen wird.

 

Im übrigen wies der Experte der Landesregierung darauf hin, dass er keinen Lokalaugenschein angestellt hat. Dies wäre schon angesichts der Enge der Mooswiesengasse  und der sich ergebenden Verkehrssicherheitsprobleme für Kinder aber dringend zu empfehlen.

 

Hueber-Haus sollte Sportstätte bleiben, wenn Grünlandwidmung nicht geht

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Ich bin der Meinung, dass das Gelände des Hueber-Hauses am besten Sportstätte mit der bisherigen Widmung “Baulandsondergebiet-Sport-Kultur und Bildungseinrichtung“ bleiben sollte, noch besser wäre eine Rückwidmung in Grünland. Als Realist sehe ich aber bei dieser Variante mögliche hohe Ersatzzahlungen für die Gemeinde, wenngleich dies von der Idee des Biosphärenparks her sehr sinnvoll wäre.

 Immerhin ist unser Gebiet mit Sportstätten nicht gesegnet, während für teure Wohnungen viel Werbegeld verbraucht wird.

 

SPÖ-Penzing sieht Sache nüchtern

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Meine Position wurde übrigens von  der SPÖ-Penzing mit Argumenten der Verkehrsbelastung unterstützt. Angeblich deutete unser Bürgermeister Purkersdorfer AnrainerInnen an, dass die voraussichtlich 300 zusätzlichen Autos nicht über die schmale Mooswiesengasse fahren werden, und die Penzinger SP sagt, sie werden nicht über Wiener Gebiet fahren. Irgendwo werden aber 300 Auto fahren, wenn das Projekt realisiert wird.

Es ist jedenfalls zu hoffen, dass die Penzinger SP tatsächlich im Verfahren Einspruch einlegt.

 

Zugegeben heikel ist natürlich die Frage an den ÖGB, wer sich dort die Reihenhäuser leisten wird können. Und ich gestehe, dass ich einer Umwidmung durchaus nähertreten könnte, wenn hier vom ÖGB echte Sozialwohnbauten mit einer sozialökologischen Verkehrlösung, sprich einer möglich autofreien Mobilität verwirklicht werden würde.

 

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Im weiteren siehe auch den Gemeinderatsbericht wo von Maria Parzer konkrete Bedingungen für eine eventuelle Verbauung beschrieben werden.

 

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Mit ökosolidarischen Grüßen

 

Josef Baum

02231 64759    0664 1142298   baum.josef@utanet.at

 

 


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