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Nordkorea – ein Land ohne Vergleich


Landung in Pyönyang. Die Einreise unproblematisch, natürlich mit Visum.
Unsere Reiseleiterin, Frau Kim und unser Reiseleiter, Herr Kim, begrüßen uns. Beide sprechen Deutsch. Der Bus wartet, wir fahren durch die Stadt zum Triumphbogen, welcher 30 cm höher als der in Paris ist, also der höchste der Welt. Dort dürfen wir aussteigen und fotografieren. Geschlossen. Alles rundum. Ich sehe einen Hügel mit vielen Parabolspiegeln.
Zu viel fragen schickt sich nicht, so hat uns unsere deutsche Reiseleiterin instruiert.

Die Stadt hat keine Werbeschilder, die Farben sind grau, braun, rot von einigen überdimensionalen Lettern, die auf Häusern prangen.

NordkoreaUnser Hotel liegt auf einer Hotelinsel im Fluss …, Yanggakdo sein Name. 45 Stockwerke hoch. Wir wohnen im 38. Die Kim-Sungilie und die Kim-Jongilie – überdimensionierte Blumen - begrüßen uns an der Wand der Hotelhalle. Ein Souvenirladen, Kommunikationscenter mit Internet und Faxgerät.
Auf der Insel dürfen wir uns frei bewegen, weiter nicht.
Unser erstes Abendessen findet im Drehrestaurant im 43. Stock statt. Koreanisch: viele kleine Schüsselchen und immer Kimchi dazu, der feurigscharf eingelegte Kohl.
Metallstäbchen und Metalllöffel sind unser Essbesteck.
Die Bedienung ist sehr bemüht, stets freundlich, spricht aber nur Koreanisch.

Wir schauen aus dem Fenster: etwas ist anders. Kein Licht auf den Straßen! Aus den Häusern schwache Beleuchtung.

Am 1. Besichtigungstag sehen wir die Freundschaftsausstellung in den Bergen. 100.000 Geschenke aus aller Welt werden in 2 Pagoden, welche teilweise in den Berg gebaut sind, ausgestellt. Wir bewegen uns 2 Stunden lang von Raum zu Raum und sehen doch nur einen Bruchteil der Ehrerbietungen an den verstorbenen Staatschef, Kim-Il-Sung und seinen Sohn, Kim-Jong-Il. Vor der überlebensgroßen Statue des großen Führers Kim-Il-Sung werden wir angehalten, uns zu verbeugen und respektvoll den Raum zu durchschreiten.

Wieder in der Stadt, legen 4 Reiseteilnehmer Blumen zu Füßen des Mansudae-Großmonumentes des großen Führers Kim-Il-Sung nieder.
Als wir mit dem Rücken zum Monument eine Erklärung unseres Herrn Kim entgegen nehmen, wird dieser von Frau Kim, welcher in der Hierarchie über ihm steht, gerügt.

Danach sind wir in den Zirkus eingeladen in einen kuppelähnlichen Bau mit Orchester. Trapezkünstler schweben durch die Lüfte und leider gibt es auch eine Vorführung von Tanzbären.

Am nächsten Tag Besuch im Kinderpalast, in welchem Talente von Schulkindern gefördert werden, kostenlos. „Unser verstorbener Präsident Kim-Il-Sung und sein Sohn, unser großer Lenker und Genosse Kim-Jong-Il“ hat diesen Palast für die Förderung der Kinder zur Verfügung gestellt.
Die Kinder lernen minimalistische Stickerei, Taek-won-do sowie verschiedene Instrumente, darunter das Koreanische Saiteninstrument Gayageum, Klavier und Akkordeon. Es gibt sogar eine Eigenmarke, Umbamul, Glockenblume. Als ich als begeisterte Akkordeonistin die Orchesterarbeit lobe, wird mir ein Instrument offeriert, auf welchen ich mit den Kindern gemeinsam den Schneewalzer spiele. Die Kinder lachen.

NordkoreaDanach Vorführung der Künste auf einer Veranstaltung. 20 Sechsjährige in weißen Blusen und knielangen Röckchen singen Seite an Seite mit synchronen Bewegungen. Immer wieder kann ich „Kim-Il-Sung“ heraushören.
Einige Buben salutieren in eigentümlicher Weise vor ihrem Abgang.
Moderiert wird in überschwänglicher Form von einer Dame in Hambok, dem landestypischen, von der Brust abwärts frei schwingenden Kleid. Obwohl die Sprache fremd ist, glaubt man jeden Moment, die Dame in Tränen ausbrechen zu sehen, so sehr ist sie mit Lobhuldigungen an den großen Führer, … (siehe oben) erfüllt.

Jeder Koreaner trägt ein Abzeichen mit dem Konterfei des verstorbenen Präsidenten Kim-Jong-Il. Jeder verbeugt sich vor jeder Statue des großen Führers.
Macht man ein Foto einer dieser Statuen, so müssen diese komplett auf Zelluliod gebannt sein, sonst droht Gefängnis.
Uns ist nicht erlaubt, Koreaner zu fotografieren und besonders nicht, wenn sie Arbeitskleidung tragen.
Nordkoreanische Arbeiter können in 14 Minuten (sic!) eine Wohnungseinheit in einem Hochhaus bauen.

Da es Regenzeit ist in Nordkorea, sind wir vor Platzregen nicht gefeit. Unsere Reiseleitergestalten das Programm täglich so, dass wir das Maximum herausholen können.
Wir besuchen kurzerhand das ethnografische Museum, welches für uns aufsperrt. Leider hat der Regen die Stromversorgung zeitweilig lahm gelegt. Wer hat, nimmt aus seinem Rucksack die empfohlene Taschenlampe, die schweren Vorhänge werden ein wenig zur Seite geschoben  und schon marschieren wir 1,5 Stunden von Raum zu Raum und beleuchten die Exponate.
Eine junge Koreanische Soldatin mit Bajonett bewacht diese.

Es ist auch schick, mit halbhohen Gummistiefeln zu einem Symphoniekonzert zu gehen.

Die Luft ist gut in Pyönyang; obwohl es zwei Kohlekraftwerke gibt. Der Verkehr ist minimal für eine 3-Millionen-Stadt und es gibt autofreie Sonntage zur Treifstoffersparnis.
Eine Autobahn durchzieht das Land. Es gehen Menschen und Tiere darauf spazieren. Die Autobahnraststation könnte leicht 200 Leute versorgen, doch wird sie nur für uns aufgesperrt mit Nescafe und Tee in Thermoskannen.

NordkoreaNach der Arbeit treffen einander viele Koreaner zum gemeinsamen Tanztraining auf einem der riesigen Plätze, zum Beispiel vor dem Studienpalast, um durch Lautsprecher geführt, in Hundertschaften die gleichen Schritte aus zu führen.
Auch Kinder werden auf diese Weise trainiert. Sechs Stunden täglich ohne Pause bei Sommerhitze ist keine Seltenheit.

In den Seitenstraßen, hinter den Bäumen, ist immer wieder liegen gelassener Müll zu sehen. Die Hauptstraßen sind gepflegt.
Die Straßen in den Dörfern sind kaum geteert und uneben.
Viele Koreaner fahren mit dem Rad.

In den Tempeln kann man die Lehren des Konfuzius aufnehmen.

Jeden Tag so viele ungewohnte neue Eindrücke. Die Leute sind so bemüht um uns. Wir erhalten sehr gutes typisches Essen in schönen Restaurants und schlafen durchwegs in guten Hotels. Einmal sogar am Fussboden auf einer Schlafmatte; jedoch ist auch bei 25 Grad C Aussentemperatur der Ondol, die Fussbodenheizung, eingeschalten und es fällt schwer, zur Ruhe zu kommen.

Wir sehen auch das riesige Sohä-Schleusensystem, welches der Trennung von Meeres- und Flusswasser dient. Majestätisch trohnt Kim-Jong-Il auf einem Gemälde vor dem Damm.

An der Grenzstadt zu Südkorea, Panmunjom, sehen wir Nordkoreanische und Südkoreanische  Soldatengruppen ohne Waffen nur durch ein Grenzhäuschen getrennt. Wir müssen in einer Zweierreihe daran vorbei marschieren.
Nordkorea wünscht seinem Volk eine Wiedervereinigung mit den Brüdern und Schwestern des verloren gegangenen Süden.
Südkoreaner machen eine sehr bestimmte abweisende Handbewegung, wenn sie auf diesen Gedanken angesprochen werden.

Nach sechs Tagen der Abschied von Nordkorea per Zug über Dandong nach China.
Viele Gedanken gingen uns während der vergangenen Reise durch den Kopf: haben wir uns „ordnungsgemäß“, sprich: wie gewünscht, verhalten? Haben wir etwas Falsches fotografiert? Etwas zu viel gesagt? – Als ich in unserem Zimmer des 38. Stocks einen lebenden braunen Käfer fand, wurde dieser für uns die viel gesuchte „Wanze“, die ja irgendwo sein musste…

An der Grenze zwei Stunden Grenzformalitäten; der Koffer wird inspiziert und vor allem wird jedes einzelne Foto der Digitalkameras beäugt.
Ein Schweizer Messer erregt Gefallen; Kamerabatterien wechseln dann effektiv in ungefragter Weise ihren Besitzer.

Wir überqueren den Fluss …  und sind einem kapitalistischen Land, in der Freiheit… Oder doch nicht?

Susanne Wallner


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Letzte Änderung: 2010-10-19 - Stichwort - Sitemap