Purkersdorf Online

Hellblauer Wolf im roten Schafspelz


Dieser Artikel von Manfred Bauer erschien in der Tageszeitung "Der Standard" am 2. Dezember 2006
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der Bundessprecher des Liberalen Forums, Alexander Zach, erläuterte im Standard vom 29. November sein „liberales Credo zur bedingungslosen Grundsicherung“. Zach, seit der jüngsten Wahl Mitglied im SPÖ-Nationalratsklub, dekuvriert sich dabei nicht nur als Adept der neoliberalen Schule, er stellt expressis verbis auch „die Sozialisten“ als eine Spezies hin, für die der „Mensch nur als Objekt der Lenkung und Bevormundung“ Bedeutung habe.

Zachs Zugang zur bedingungslosen Grundsicherung fußt auf dem monetaristischen und marktradikalen System des kürzlich verstorbenen US-Ökonomen Milton Friedmann. Der Nobelpreisträger des Jahres 1976 wird von ihm schonungslos instrumentalisiert und in ein Licht gerückt, in das er sich selbst niemals gestellt hätte.

So behauptet Zach, dass Friedmann bereits vor 50 Jahren das Konzept der „Negativen Einkommenssteuer“ vorgeschlagen habe. Wahr ist vielmehr, dass der Amerikaner in seinem Bestseller „Kapitalismus und Freiheit“ diese Idee gerade einmal reanimiert hat.. Denn die Idee selbst stammt von der Ökonomin Juliet Evangeline Rhys – Williams (1898 - 1964), die sie in den 40er Jahren bereits entwickelt hat.

Wenn Zach weiter schreibt, dass Friedmann für den „aktiven, starken Staat“ plädiert habe (nicht für das „Big Government, den ausufernden Staat", wie sich Zach in typischer LIF-Ideologie hinzuzufügen beeilt), dann unterstellt er dem US-Ökonomen ein soziales Talent, das dieser nachweislich nie gehabt hat (und wogegen er sich vermutlich auch verwahrt hätte). Friedmann propagierte stets eine massive Reduktion der Staatsquote, freie Wechselkurse, er war ein vehementer Gegner staatlicher Intervention und wohlfahrtsstaatlicher Einrichtungen. Ein Sozialstaat, wie er dem Verständnis der SPÖ – immer noch – entspricht, war Friedmann stets ein Grauen. Zach scheint diese Antipathie zu teilen, nicht anders ist es zu erklären, dass er als Mitglied des SP-Klubs im Parlament versucht, den hard core – Markttheoretiker Friedmann im linken Milieu salonfähig zu machen.

Nach der Dekonstruktion des Neoliberalen Friedmann zu einer Lichtfigur des Sozialstaates widmet sich Zach der bedingungslosen Grundsicherung der Marke Liberales Forum. Dass er sich von terminologischen Abgrenzungen nicht beeindrucken lässt und das Grundsicherungs-Modell (etwa der Grünen oder der SPÖ) immer wieder mit dem Grundeinkommens-Modell (von Katholischer Sozialakademie oder KPÖ) vermengt, fällt nicht so sehr ins Gewicht wie das Modell selbst: Dieses sieht nämlich eine maximale Höhe von 700 Euro monatlich pro Erwachsenem vor. Damit fällt das LIF-Modell 100 Euro hinter die ohnehin bescheidene Forderung von Alfred Gusenbauer zurück und rangiert immer noch 26 Euro unter der Ausgleichszulage ab 1.1.2007 (sämtliche andere Sozialtransfers werden im LIF-Modell sowieso gestrichen).

Damit sollen nach den Vorstellungen des LIFs jedenfalls die Kosten des täglichen Lebens abgedeckt werden und gleichzeitig der "ungehinderte Zugang zum Bildungsmarkt" offen bleiben. Aber auch der habe, so Zach, nach marktwirtschaftlichen Kriterien organisiert zu werden. Das heißt also Studiengebühren, Privatisierung von Bildungseinrichtungen, Tarifisierung von Bildungsprogrammen und Steuerung nach Angebot und Nachfrage usw.; eine Liberalisierung und Deregulierung jedenfalls, wie sie nicht im Sinne der SPÖ sein kann und darf. Was der blassblauen Kritik an der SPÖ aus den Reihen des eigenen Klubs in Zukunft noch folgen wird, erahnt, wer sich mit den neoliberalen, privatisierungsorientierten Positionen des LIFs auseinandergesetzt hat (die liberalen Positionen des LIFs in der Drogenproblematik sollten nicht über sein konservatives Wirtschafts- und Sozialprogramm hinwegtäuschen; auch Milton Friedmann trat für die Legalisierung von Marihuana ein).

Alexander Zach hat seinem Standard-Kommentar den Titel gegeben: „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.“ Ich rege an, Zachs parlamentarisches Wirken innerhalb des SPÖ-Parlamentsklubs in den nächsten vier Jahren unter das Motto zu stellen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Dr. Manfred Bauer (Studium der Kommunikationswissenschaft, Philosophie und Volkswirtschaft) ist SPÖ-Gemeinderat der Stadtgemeinde Purkersdorf und Buchautor (zuletzt erschienen: "Ohne jede Chance. Der Fall Semperit", Wien 2003; "Friedrich Adler.Rebell der Einheit", Wien 2004; Kriminalroman "Tod im Champagnerbad", Wien 2006).

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