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Wienerwalddeklaration


PLANUNGSGEMEINSCHAFT OST

Geschäftsstelle
A  1010 Wien, Rockhgasse 6
Telefon 533 44 30, 533 44 41, Fax DW 24
GST 8/7/198621. Jänner 1987

WIENERWALD - DEKLARATION

Die Mitglieder der Planungsgemeinschaft Ost bekennen sich zu den vorgeschlagenen "Schutzmaßnahmen für den Wienerwald" und werden die Umsetzung dieser Maßnahmen in ihrem Wirkungsbereich veranlassen.

Es muß jenen Entwicklungen und Einflüssen entgegengewirkt werden, die den Wienerwald in seiner Funktion als jahrhundertealte Kulturlandschaft und als beliebtestes Naherholungsgebiet um Wien beeinträchtigen.

Im Bewußtsein der gemeinsamen Verantwortung sollen alle Schutz  und Pflegemaßnahmen so wie alle Entscheidungen über die weitere Entwicklung auf das Ziel ausgerichtet sein, den Wienerwald uns und künftigen Generationen vorrangig als Erholungsgebiet und Freizeitgebiet zu erhalten.

Der Bund und die" Wienerwald Gemeinden " werden eingeladen, sich dieser Deklaration anzuschließen und sollen die in ihren Wirkungsbereich fallenden Maßnahmen ebenfalls verwirklichen. Dabei soll die Planungsgemeinschaft Ost weiterhin die Koordinationfunktion übernehmen.

Landeshauptmann
von Burgenland
Landeshauptmann
von Niederösterreich
Landeshauptmann
von Wien

SCHUTZMASSNAHMEN FÜR DEN WIENERWALD
(in Klammer sind die Adressaten für die Umsetzung angegeben)

Siedlungsentwicklung und Bautätigkeit

ad hoc Maßnahmen:

  1. Überprüfung der Auswirkungen größerer Bauvorhaben (Straßen, Aufschließungsstraßen,
    Wohnbauten, Hotels, Altersheime, Einkaufszentren u. a.) auf die Umwelt. Bei nachweislich
    schwerwiegenden Beeinträchtigungen: Vorschreibung von Alternativprojekten, keine
    Baugenehmigung.
    (Bund, Land, Gemeinde)

sonstige Maßnahmen:

  1. Beschränkung der Gebäudehöhe im Landschaftsschutzgebiet in der Regel auf zwei Geschoße
    (Land, Gemeinde)

  2. Beratung und Schulung der Gemeindeverantwortlichen in Umweltfragen, die im Zusammenhang
    mit Baumaßnahmen und baurechtlichen Entscheidungen stehen (verstärktes Mitspracherecht der
    Umweltgemeinderäte im Bauverfahren).
    (Land, Gemeinde, Gemeindevertreterverbände)

  3. Einschränkungen der Siedlungsentwicklung. Dies kann durch folgende Maßnahmen erreicht
    werden:
    (Land, Gemeinde)

    Zeitlich begrenzte Widmungssperre für Siedlungserweiterungen ("Auffangphase") bis konkrete Raumordnungsprogramme wirksam werden (z. B. Regionale Raumordnungsprogramme, Stadtentwicklungsplan bzw. Bezirksentwicklungspläne in Wien, Stadt  und Dorferneuerungsaktivitäten)

    Schaffung von Bestimmungen für die Genehmigung der Bebauungspläne im NÖ Raumordnungsgesetz (analog den Flächenwidmungsplänen)

    Bereinigung der Situation "wilder" Siedlungen in allen Schutzgebieten des Wienerwaldes.

  4. Lenkung der Siedlungsentwicklung im Wienerwald durch gezielten und koordinierten Einsatz von
    Förderungsmaßnahmen und steuerlichen Maßnahmen, wie. vor allem durch
    (Bund, Land)

    Überprüfung der Wohnbautätigkeit, Änderung der Förderungssysteme (Regionalisierung der Kriterien, Abstimmung über Landesgrenzen)

    Steuerliche Maßnahmen zur Verbesserung und zur besseren Nutzbarmachung von "Baulandreserven", um eine bessere Ausnutzung der vorhandenen

    Infrastruktur zu erreichen und den Druck auf neuzuwidmende Siedlungsgebiete zu verringern.

    Schaffung von Instrumentarien zur Mobilisierung des Bodenmarktes in Form von Baulandumlegung zwecks Realisierung von Planungsmaßnahmen

  5. Verstärkung des Landschaftsschutzes in der örtlichen Raumordnung wie beispielsweise:
    (Land, Gemeinde)

    Verpflichtung der Gemeinden zur Erstellung von Landschaftsplänen vor allem mit Ausweisung jener Landschaftsteile, die von einer Bebauung freizuhalten sind (in Abstimmung mit Nachbargemeinden).

    Forderung nach genehmigten, detaillierten Bebauungsplänen als Voraussetzung für Parzellierungen in Aufschließungszonen.

    Bindung der Genehmigung von Ausnahmehäusern für Familienangehörige an die ordnungsgemäße Bewirtschaftung und den Bestand der Hofstellen.

Verkehr

ad hoc Maßnahmen:

  1. Einsatz von Bussen mit umweltfreundlichen Antrieben (z. B. Flüssiggas, Katalysator) auch für den Bedarfsverkehr (z. B. Rundfahrten)
    (Bund)

  2. Strenge technische Uberprüfung der in Betrieb stehenden Busse auf Umweltaspekte (diese Maßnahme sollte auch auf LKW ausgedehnt werden)
    (Bund)

  3. Verstärkte Kontrolle der Fahrgeschwindigkeiten durch Aufstellen stationärer und mobiler Radargeräte und Ausstattung der Exekutive mit wirksamen Meßgeräten (Radarpistolen) (Bund, Land)

  4. Lokale Maßnahmen zur Beruhigung der Verkehrssituation bzw. zur Eindämmung der
    Verkehrsbelastungen (z. B. Benützungsbeschränkungen).
    (Bund, Land, Gemeinde)

  5. Verbot der Salzstreuung im gesamten Wienerwaldbereich, ausgenommen besondere Situationen auf Autobahnen und Schnellstraßen.
    (Bund, Land, Gemeinde, Private Erhalter)

  6. Einschränkung von Motorsportanlagen und  veranstaltungen, keine neuen Liftanlagen.
    (Bund, Land)

  7. Bevorzugter Ausbau von Park and Ride Anlagen im Einzugsbereich des Wienerwaldes.
    (Bund, Land, Gemeinde, ÖBB)

  8. Anlage von Parkplätzen mit "sackgassenartigen Zufahrten" zur Entlastung sensibler Landschaftsteile oder beliebter Erholungsflächen und  einrichtungen (z. B. durch Maßnahmen des Erholungsvereines Niederösterreich Wien).
    (Land, Gemeinde, Vereine, u. ä.)

  9. Aufhebung des Fahrverbotes für Radfahrer auf Forststraßen
    (Bund)

  10. Ausbau des Fahrradverleihsystems im Wienerwald am Beispiel "Aktion Fahrrad am Bahnhof"
    (Bund, Land, Gemeinde, Private)

sonstige Maßnahmen:

  1. Ehestmögliche Einbeziehung des Busverkehrs in den Verkehrsverbund Ost Region zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs im Wienerwald
    (Bund, Land, VOR)

  2. und Tarifbegünstigungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Wienerwald insbesondere an Wochenenden und Feiertagen (Information durch breite Öffentlichkeitsarbeit)
    (Bund, Land, VOR)

  3. Sperre bestimmter Straßenabschnitte für den Schwerverkehr sowie Verlagerung des
    Durchgangsverkehrs auf das höherrangige Netz (insbesondere des Schwerverkehrs auf die
    Autobahn)
    (Bund, Land)

  4. Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene
    (Öffentliche und privatwirtschaftliche Maßnahmen)

  5. Vorzugsweise Erschließung der Siedlungsgebiete ausschließlich mit Fuß  und Radwegen sowie Wohnstraßen.
    (Gemeinde)

  6. Ausbau des Radwegenetzes und der Radwegerouten im Wienerwald insbesonders auch in Wien.
    (Gemeinde)

  7. Markierung von Radwegen auf den Wienerwaldstraßen, wo es die Verhältnisse zulassen.
    (Land, Gemeinde)

Entsorgung und Versorgung

ad hoc Maßnahmen:

  1. Kurzfristige Feststellung und konsequente Sanierung aller großen Schadstoffemittenten im Ballungsraum Wien.
    (Land, Gemeinde  und Wasserrechtsbehörden)

  2. Erhaltung und Pflege von Wasservorkommen insbesondere von Quellen und Grundwasserspeichern und der bereits vorhandenen Hausbrunnen.
    (Land, Gemeinde)

  3. Keine Ansiedlung weiterer Rohstoff Aufbereitungsanlagen im Wienerwald ausgenommen Anlagen für bestimmte Waldnutzungen.
    (Bund, Land, Gemeinde)

  4. Sofortige Rekultivierung abgebauter bzw. nicht erweiterungsfähiger Rohstoff Gewinnungsstätten.

    (Bund, Land, Gemeinde)

  5. Überprüfungsaktion zur Erreichung eines optimalen Funktions  und Wirkungsgrades von Heizungsanlagen (verbunden mit Beratungsaktionen durch Kammer bzw. Konsumentenberatung).
    (Bund, Land, Gemeinde)

sonstige Maßnahmen:

  1. Umstellung der Beheizung aller öffentlichen Gebäude auf umweltfreundlichere Energieträger (z.B. Gas, Fernwärme, Biomasse, Wärmepumpen).
    (Bund, Land, Gemeinde)

  2. Gesicherte Erfassung von Müll und Sonderabfall. Einrichtung von Altstoff , Problemstoff  und Sperrmüllsammelstellen (Aufstellen von Containern).
    (Bund, Land, Gemeinde)

  3. Förderungsaktion zur Herabsetzung des Energieverbrauches der Haushalte (Verbesserung der Wärmedämmung, alternative Warmwasseraufbereitung).
    (Bund, Land)

  4. Förderung des Ersatzes herkömmlicher durch umweltfreundliche Energieträger (z.B. Erdgas) in Haushalten, Gewerbe  und Industriegebieten.
    (Bund, Land)

  5. Einbindung aller Wienerwaldgemeinden in ein Abwasserkonzept. Dafür sind anzustreben:
    (Land, Gemeinde)

    Anschluß der Randgemeinden in das Abwassersystem von Wien
    Verstärkte Überprüfung der Abwasserqualität von Gewerbe  und industriebetrieben Wiederherstellung der Flußlaufgüte, Rekultivierung "verbetonierter" Gewässerstrecken mit naturnahen Wasserbaumethoden ("Rückbau")
  6. Senkgrubenentsorgungskonzept (einschließlich Kontrollsystem) für die, in den Randlagen und Streulagen angesiedelten Liegenschaften, die nicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen werden können.
    (Gemeinde)

  7. Generelle Genehmigung der Versickerung nicht kontaminierter Niederschlagswässer von den Dachflächen auf eigenem Grund und Boden.
    (Land, Gemeinde)

  8. Schrittweise Reduktion des Abbaues und der Verarbeitung von Rohstoffen durch Beschränkung auf einige wenige Standorte, wo die Gewinnung sowohl vom ökologischen, wirtschaftlichen und raumordnerischen Standpunkt vertretbar ist.
    (Bund, Land, Gemeinde)

  9. Überprüfung der Einhebung einer Umweltabgabe für jeden m3 gewonnenen Materials (Speisung eines Fonds zur Verbesserung der Umweltsituation im Wienerwald)
    (Land)

Land  und Forstwirtschaft

ad hoc Maßnahmen:

  1. Verbot bzw. Einschränkung des Einsatzes schwerer Bringungsmaschinen auf Waldflächen mit Schutz , Wohlfahrts  und Erholungsfunktion (in Abstimmung mit Waldentwicklungsplänen)
    (Bund, Land)

sonstige Maßnahmen:

  1. Möglichst naturnahe und ökologisch orientierte Bewirtschaftungsformen im Wienerwald. Dies gilt vor allem für die land  und fortwirtschaftliche Nutzung und insbesondere für die Angleichung bestehender forstlicher Monokulturen (mit Ausnahme der Tanne bzw. der Schwarzkiefer im südlichen Wienerwald) an natumahe, standortgemäße Vegetationsformen und bei agrarischen Operationen.
    (Bund, Land, LLWK)

  2. Verstärkte Einbindung der Landwirtschaft in landschaftspflegerische Maßnahmen und Förderung von solchen Leistungen (z.B. alternative Tierhaltung, Gestaltung von Forststraßen, Erweiterung des Wienerwaldsonderprogrammes).
    (Bund, Land, LLWK)

  3. Ausbau der Erwerbsmöglichkeiten aus Freizeit, Erholung und Fremdenverkehr (Urlaub am Bauernhof, Reitmöglichkeiten usw).
    (Land, Gemeinde, LL WK  Private)

  4. Förderung traditioneller. bodenständiger und naturnaher Produktionen mit mehreren Sparten (Mischbetriebe).
    (Bund, LLWK)

  5. Verstärktes Angebot von Zuerwerbsmöglichkeiten in der Forstwirtschaft vor allem in den Großbetrieben.
    (Bund, LLWK)

  6. Förderung des Ab Hof Verkaufes und der Errichtung von Jausenstationen und ähnlichem.
    (Bund)

  7. Erstellung und Durchführung eines Forschungsprogrammes zur Beratung der bodenständigen Betriebe, insbesondere über Alternativproduktionen (z.B. Schafhaltung).
    (Bund, LLWK)

Organisation und Öffentlichkeitsarbeit

Hier sind insbesondere koordinative Schritte für die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu verstehen wie z. B.:

  1. Abstimmung der Arbeiten der Planungsgemeinschaft Ost mit der Tätigkeit der "Wienerwaldgemeinden".

  2. Gezielte Aktionen für Erholung, Fremdenverkehr, Umweltschutz, Energiesparmaßnahmen u. a.

  3. Aufwertung und Neuformulierung des "Schöffelpreises"

  4. Abstimmung von überörtlichen und örtlichen Konzepten und Programmen

  5. Spezielle Förderungen für den Wienerwald

  6. Öffentlichkeitsarbeit über den Wienerwald (Dokumentation, Wanderausstellungen, "Wienerwaldzeitschrift" u. a.)


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