Purkersdorf Forum Archiv 2001
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Karl Berger sagt am 19.11.2001 23:18 h zu Michael Huber:Erster Beitrag

Re: Erfolg von fun2politica: Jugendgetränk um einen Euro bei allen Gasthäusern


Gegen billige Jugendgetränke kann ja niemand etwas haben. Und es ist auch von den Jungsozis sehr schön durchgezogen worden. Brav.
Ohne die gute Stimmung verderben zu wollen, möchte ich trotzdem anregen , die Problematik Alkohol, Drogen, Sucht etwas größer zu denken.
Der Preis zählt zu den Rahmenbedingungen, aber es liegt sicher nicht am Preis der Getränke, ob jemand alkoholabhängig wird. Es herrschen an und für sich Rahmenbedingungen, durch die Alkohol-Junkies gegenüber anderen Drogenabhängigen bevorzugt – man könnte sagen: gefördert – werden (Schönen Gruß an die Saufpaten).
Die Schäden, die durch Alkohol- und Nikotinkonsum sowie Medikamentenmißbrauch angerichtet werden, sind allgemein bekannt und zahlenmäßig erfasst. Was durch den Konsum illegaler Drogen dazu kommt, nimmt sich dagegen relativ bescheiden aus.
Trotzdem saufen, rauchen, fixen usw. sehr viele Menschen unbeirrt weiter. Wenn man nicht davon ausgeht, dass es sich dabei einfach um den veblödetsten Teil der Gesellschaft handelt, muss es dafür gute Gründe geben.
Ist es nicht so, dass unsere Gesellschaft ein gewisses Suchtpotential schafft (Sucht = Flucht). Und ist nicht vielleicht auch dieser Ansatz zu kurz gegriffen? Gibt es nicht ein menschliches Bedürfnis nach Berauschung, nach – zumindest zeitweiligem – Aussteigen aus der Realität? Ist das nicht einfach normal, und ist vielleicht die Bekämpfung von Berauschungsmitteln und ihrer Konsumenten etwas widernatürliches?
Hat die religiöse Ekstase durch Askese und Rituale und die Einnahme von im weitesten Sinn halluzinogen wirkender Substanzen nicht die selben Wurzeln? Und ist die Flucht vor dem Fernsehapparat oder ins Spiel usw. usf. so grundsätzlich etwas anderes, als sich mit einen Joint oder ein paar Hainfelder, oder je nach Brieftasche, einigen Vierterln feinsten Urgesteinrieslings vom Edelwinzer, die Welt ein bisschen weichzuzeichnen?
Und wenn das so wäre, warum kann man dieses Flucht- und Suchtverhalten nicht anerkennen, ohne moralische, legistische und finanzielle Abwehrkeulen zu schwingen? Ist es so undenkbar, gesellschaftliche Spielregeln zu finden, die das was ist, und einem menschlichen Bedürfnis entspringt, so regelt, dass möglichst wenig Schaden dadurch entsteht, dass möglichst niemand diskriminiert und in die Illegalität gedrängt wird? Also, dass die Menschen einfach ihren verschiedenen Süchten nachgehen können, ohne gleich an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden, sondern weiter in ihr normal existieren können, wie es ja jetzt auch geht, wenn man über genügend Kohle verfügt. Der Vorstandsdirektor mit einem Naserl voller Schnee fällt niemand unangenehm auf, der Fixer am Karlsplatz schon. Und ob der Atem nach einem Gölles-Edelbrand duftet oder nach Innländer Rum stinkt, macht für die Leber wenig Unterschied, sozial aber einen gewaltigen.
Die SJ-NÖ hat eine Kampagne zur Haschisch-Legalisierung laufen. Das ist nicht besonders mutig, aber ein richtiger Schritt. In der Stadt mit dem Ex- Innenminister als Bürgermeister bleiben die Jungroten lieber auf dem sicheren jungscharkompatiblen Terrain der billigen Jugendgetränke. Brav.

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