Purkersdorf Forum Archiv 2001
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Karl Berger sagt am 29.10.2001 14:14 h zu Florian Liehr:Erster Beitrag

Re: Neutralität soll bleiben!


Gegen die Neutralität werden meistens nur einige wenige Argumente vorgebracht: 1. Die Neutralität wurde uns praktisch aufgezwungen, bzw. sie war der Preis für die Unabhängigkeit. 2. Die Neutralität bringt nicht mehr Sicherheit, weil sich kein potentieller Aggressor von der Neutralität abhalten läßt. 3. Neutralität ist feige und unmoralisch, weil man sich aus Konflikten heraushält, und hofft, andere Staaten würden trotzdem, die eigene Sicherheit gewährleisten. 4. Die Neutralität ist veraltet, weil sie ein Produkt des kalten Kriegs war (siehe Punkt 1) Jetzt gibt es keine 2 großen Blöcke mehr, und Österreich ist Mitglied einer Union (EU), die auch militärische Dimensionen hat. Und daher 5. sei die Neutralität praktisch eh nimmer vorhanden.
Ich denke diese Argumente sind wenig stichhaltig. 1. Auch wenn die Neutralität ursprünglich nicht aus einem inneren Bedürfnis gewachsen ist, ist sie doch zu einem hochgeschätzten Bestandteil der österreichischen Identität geworden. (Und noch immer ist, obwohl ständig versucht wird, sie tot zu reden.) 2. Unsere Sicherheit ist nicht gefährdet. Wir haben nur Nachbarn, die in der EU sind, oder bald sein wollen. Niemand wird uns angreifen. Es gibt keinen möglichen Verteidigungsfall. 3. Sich aus Konflikten heraus zu halten, ist moralisch. »Der Krieg ist ein Massaker von Menschen, die sich nicht kennen – zum Nutzen von Leuten, die sich kennen, aber nicht massakrieren. « (Paul Valéry) Das Kriege in letzter Zeit ständig zu Kreuzzügen der Zivilisation gegen die Barbarei hingestellt werden, ist schlicht Propaganda. Kriege werden nach wie vor für Interessen geführt, die in der Regel nicht unsere sind. 4. Seit der kalte Krieg aus ist, werden Konflikte noch häufiger mit Waffengewalt ausgetragen. Und die Führungsmacht der EU drängt mächtig darauf »ihre Weltpolitische Verantwortung wahrzunehmen« und sich an allen Kriegen kräftig zu beteiligen. Besser Neutral als am deutschen Rockzipfel blutige »Weltpolitik« zu machen. 5. Ist die Neutralität tatsächlich Schritt für Schritt unterhöhlt worden. Daraus abzuleiten »is eh schon Wuascht« wäre eine ziemlich dümmliche Strategie. Allerdings würde sie daher gut zu unserer Regierung passen.
Ein Politiker der die »immerwährende Neutralität« abschaffen will, sollte die Ehrlichkeit haben, dieses zu einem relevanten Wahlkampfthema zu machen.Als auf die Bundesverfassung vereidigter Bundeskanzler oder Minister die Neutralität klein zu reden um so gegen sie Stimmung zu machen, ist unredlich.
Also: Neutralität verteidigen und ausbauen.
Karl

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